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Hübsch, Heinrich
Vertheidigung der griechischen Architectur gegen A. Hirt — Heidelberg, 1824

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https://doi.org/10.11588/diglit.5320#0037
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31

Doch was streiten -wir?-----Denn Herr Hirt spricht ja in seinem §. über das

Verhältnifsmaafs selbst davon, wie sich dasselbe nach Umständen verändere!!

Beim Gleichmaafse erscheint recht die treffliche Logik des Systematikers.
S. 15 sagt er: ((Es iväre nicht unwichtig, den Grund zu erforschen,
(.(warum unser Auge das Gleichmaas in den Werken der Baukunst fodert,
«und warum der Verstoss gegen dasselbe unser Gefühl so sehr beleidigt.
k Manchmal findet sich wohl der Grund hievon in der richtigen Construc-
(ttion und in der zweckmässigen Anlage .... aber .... ja nicht selten
«.-häufen sich Schwierigkeilen, um das Gleichmaas zu erhalten, ohne die
((zweckmässige Einrichtung dadurch leiden zu lassen. Es muss daher noch
nirgend ein tieferer Grund für dasselbe vorhanden seyn.D Nun nimmt
Hirt doch das Bedürfnifs oder die zweckmäfsijre Einrichtung als die Grund-
Ursache eines jeden Gebäudes an. Wie kann es also noch einen tieferen Grund
geben, als den Urgrund? Zudem läfst er S. 12 die ganze Schönheit aus Be-
quemlichkeit und Festigkeit resultiren, so dafs dieselbe ja gar nicht anderswo
begründet seyn könnte. Hirt entdeckt nun den tieferen Grund: «er scheint
(dheils in der Beschränktheit unseres Sinnenvermögeas zu liegen, weil der
(F.Sinn das Mannichfaltige, welches zu einem Ganzen durch das Gleicli-'
« maas verbunden ist, leichter auffasst.» Und doch findet sich gerade die
Nichtbeachtung des Gleichmaafses am meisten an den ältesten Monumenten
jedes Volks, welche einer schlichten einfachen Zeit angehören. Die langen
französischen Facaden, worin die genaueste Symetrie durchgeführt ist, sind
wahrhaftig schwerer zu fassen und zu begreifen, als wenn statt dieser ge-
schraubten Gleichmäfsigkeit die jedesmalige Bestimmung der einzelnen Partieen
durchleuchtete. Theils soll der Grund in unserer Phantasie liegen: «weil ein
((Bau uns gleichsam als ein organisches Naturprodukt vorschivebt. Das
« Gleichmaas aber erscheint an allen hochorganisirten Körpern; und so
<c drückt sich allmälig ein so tiefes Bild von Gleichmaas in unsere Seele
«.ein, dass wir es auch in solchen IVerken, deren Mechanismus von uns
«.erfundeji ist, gern reproducirt antreffen mogen.Ti Wirklich ein sehr noth-
w endig er tiefer Grund! Doch jetzt kommt das Lustigste — <e Bei allen
ff. Dingen und Werken, wo die Gesetze der Statik zum Grunde liegen,
* scheint ein dunkles Gefühl nach Gleichmaas und Gleichgewicht hinzu-
«■streben.T) Nach Gleichgewicht ist das Gefühl nichts weniger als dunkel;
tlenn dieses ist der bestimmte Gegenstand der Statik, welche auch Lehre vom
Gleichgewichte heifst. Nach GleichmaafsP — Dieses Gefühl ist sonst auch
 
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