Im Innern der Kirche verdient das Fuszgestell
des Weihwaszerbeckens die Beachtung der Archäologen
(vgl. auch Thiersch S. 125); doch däuchte mich nur
das Mittelstück mit den Delphinen und Dreizacken —
jederseits von einem aufgerichteten Dreizack ein Del-
phinenpaar, den Schwanz in die Luft emporsehlängelnd;
zwischen der viermal wiederholten Gruppe dieser Dar-
stellung je ein über einer Muschel aufgerichteter Drei-
zack; unten Wellenandeutung — sicher antik, vielleicht
auch noch der Untertheil mit den geflügelten Thier-
tatzen. Aber die geflügelten Kinder des oberen Theiles
sind gewiss nicht antik, wie Welcker bei der Be-
sprechung des Abguszes im Bonner Museum (no. 621
Kekule) annimmt; wenigstens hielt ich sie für unzweifel-
hafte Arbeit der Renaissance 3I).
PALAZZO GRIMANI A S. MARIA FORMOSA.
Von der einstigen Antikenfülle dieses Palastes,
von der wir durch Thiersch (Reisen I S. 249ff.)32)
ein anschauliches Bild gewinnen, ist fast Nichts
zurückgeblieben33); öde und leer sind die Räume,
zum Theil vermiethet. Ich notierte im Hof:
1. Basis mit der lateinischen Inschrift CILat. V
749 (aus Aquileja); darauf steht eine elende antike
Frauenstatue.
2. Griechisches Reliefbruchstück: erhalten ist noch
die Unterweltsthür zwischen zwei Seulen; oben die In-
schrift CIGr. 7019, deren Anfang ich mir so aufge-
schrieben habe:
31) Für nicht antik musz ich auch denjenigen Löwen
von den vieren vor dem Arsenal (vgl. Thiersch Reisen
S. 222 f.) halten, welcher — auf den Hinterpfoten sitzend und
auf den vorderen Fiiszen stehend — die Inschrift trägt 'Anno
Corcyrae liberatae'; der Kopf ist ergänzt. Dieses ailzu-
schmächtige Thier wird wol der romanischen Kunstzeit an-
gehören.
32) Die von 't hiersch S. 257 fälschlich aut die Geburt
des Minotauros bezogene 'Priaposara' ist jetzt publiciert
und besprochen von Michaelis in den Arch. Epigr. Mitth.
aus Oesterreich I Taf. 5 und 6. S. 81 ff: sie befindet sich jetzt
im Garten des Palazzo Giustiniani dei Vescovi (ebd. S. 83
Anm. *)).
33) Ich will nicht unterlaszen auf die reizenden gut-
erhaltenen Malereien Giovanni da Udine's aufmerksam zu
machen (Vasari Vita di Giov. da Udine), die sich in einem
Saal der jetzt vermietheten Räume des Palastes finden und
zum Glück nicht verkauft werden können!
34) Sollte dies Bruchstück ursprünglich mit den beiden
Reliefs im Museo der Marciana Valentineiii no. 229 und 230
etwa zu einem Sarkophag gehört haben? Dasz jene beiden
Platten, die aus der 'Schenkung Grimani 1586' stammen,
'Nebenseiten eines und desselben Sarkophags' sind, hat
meiner Meinung nach schon Conze a. a. 0. S. 88 richtig ver-
muthet.
____JE AFP AOMJT1A KAI TEKNOIC EA VTO[V
.... CAC u. s. w.
3. Statue des Augustus; werthlos: Thiersch S. 252.
4. Im Postament dieser Statue ist vorn das Bruch-
stück34) eines Sarkophags eingelassen, der Orestes unter
den Taurem darstellte (II. ungefähr 0,50 — 060; Br.
ungefähr 0,30; die Umgitterung hinderte eine genauere
Meszung). Erhalten ist noch ein Jüngling (Orestes
oder Pylades), nach links gewendet, um den Hals und
auf dem Rücken die Chlamys, die Hände auf dem
Rücken gebunden, das Haupt gesenkt; hinter ihm steht
ein alter Mann (der [skythische] Wächter), im Mantel,
die Rechte auf dem Rücken, die Linke an der linken
Hand des Jünglings. Vgl. dazu den Sarkophag in
München (no. 222: abg. zB. Overbeck Sagenkr. 30, 1:
u. a.); das Bruchstück der Villa Albani (Visc. no. 205:
acg. Zoega Bass. 56); u. a. m.
In einem Saal des ersten Stockwerks linden sich
nebst einigen Büsten:
5. die gut erhaltene Statue eines bärtigen beklei-
deten Redners (überlebensgrosz; neu sind die Nase drei
Finger der rechten Hand und die Füsze von der Ge-
wandung an; leidlich gute Arbeit) — und:
6. eine gut erhaltene, wenngleich vielgebrochene
Replik der sog. Pudicitia des Braccio Nuovo (abg.
PCL II 14; u. ö.) von leidlicher römischer Dützend-
arbeit; beide Statuen auch erwähnt bei Thiersch S. 252.
Bndlich fiel mir noch der Bacchuskopf auf, welcher
sich auszen über dem Eingang zum Hof befindet; leider
zu hoch angebracht als dasz man ihn eingehender be-
urtheilen könnte (vgl. auch Thiersch S. 255).
PALAZZO RICCHETTI AM CANALE GRANDE.
Bei dem Kunsthändler Ricchetti fand ich —
auszer einigen werthlosen griechischen Grabsteinen
(sog. Todtenmahle) schlechtester Arbeit — ein Mar-
movwerk spätrömischer Zeit, über dessen Bestimmung
(Blumenkasten? Kindersarkophag) ich nicht zu ent-
scheiden wage, dessen figürlicher Schmuck aber trotz
der Rohheit der Arbeit nicht ohne Interesse ist.
Nach Aussage des jetzigen Besitzers stammt das
Monument aus dem Palazzo Grimani. Es ist ein
rechteckiger Marmorkasten (breit 0,60; hoch 0,42),
inwendig halb ausgehöhlt, vorn und hinten mit einem
kleinen Giebel bekrönt, an den Ecken und Neben-
seiten mit kleinen Akroterien; jede der vier Seiten
zeigt figürlichen Schmuck. Auf der einen Breitseite
sitzen in der Mitte auf einer Kline Bacchus (n. 1.)
und, ihn umarmend, Ariadne (n. r.): der Gott, dessen
rechte Hand an seinem Kopf liegt, neigt sich mit
dem Oberkörper zu ihr, welche mit der Linken
seinen linken Arm hält und die Rechte auf seine
rechte Schulter gelegt hat. Neben Bacchus lehnt
des Weihwaszerbeckens die Beachtung der Archäologen
(vgl. auch Thiersch S. 125); doch däuchte mich nur
das Mittelstück mit den Delphinen und Dreizacken —
jederseits von einem aufgerichteten Dreizack ein Del-
phinenpaar, den Schwanz in die Luft emporsehlängelnd;
zwischen der viermal wiederholten Gruppe dieser Dar-
stellung je ein über einer Muschel aufgerichteter Drei-
zack; unten Wellenandeutung — sicher antik, vielleicht
auch noch der Untertheil mit den geflügelten Thier-
tatzen. Aber die geflügelten Kinder des oberen Theiles
sind gewiss nicht antik, wie Welcker bei der Be-
sprechung des Abguszes im Bonner Museum (no. 621
Kekule) annimmt; wenigstens hielt ich sie für unzweifel-
hafte Arbeit der Renaissance 3I).
PALAZZO GRIMANI A S. MARIA FORMOSA.
Von der einstigen Antikenfülle dieses Palastes,
von der wir durch Thiersch (Reisen I S. 249ff.)32)
ein anschauliches Bild gewinnen, ist fast Nichts
zurückgeblieben33); öde und leer sind die Räume,
zum Theil vermiethet. Ich notierte im Hof:
1. Basis mit der lateinischen Inschrift CILat. V
749 (aus Aquileja); darauf steht eine elende antike
Frauenstatue.
2. Griechisches Reliefbruchstück: erhalten ist noch
die Unterweltsthür zwischen zwei Seulen; oben die In-
schrift CIGr. 7019, deren Anfang ich mir so aufge-
schrieben habe:
31) Für nicht antik musz ich auch denjenigen Löwen
von den vieren vor dem Arsenal (vgl. Thiersch Reisen
S. 222 f.) halten, welcher — auf den Hinterpfoten sitzend und
auf den vorderen Fiiszen stehend — die Inschrift trägt 'Anno
Corcyrae liberatae'; der Kopf ist ergänzt. Dieses ailzu-
schmächtige Thier wird wol der romanischen Kunstzeit an-
gehören.
32) Die von 't hiersch S. 257 fälschlich aut die Geburt
des Minotauros bezogene 'Priaposara' ist jetzt publiciert
und besprochen von Michaelis in den Arch. Epigr. Mitth.
aus Oesterreich I Taf. 5 und 6. S. 81 ff: sie befindet sich jetzt
im Garten des Palazzo Giustiniani dei Vescovi (ebd. S. 83
Anm. *)).
33) Ich will nicht unterlaszen auf die reizenden gut-
erhaltenen Malereien Giovanni da Udine's aufmerksam zu
machen (Vasari Vita di Giov. da Udine), die sich in einem
Saal der jetzt vermietheten Räume des Palastes finden und
zum Glück nicht verkauft werden können!
34) Sollte dies Bruchstück ursprünglich mit den beiden
Reliefs im Museo der Marciana Valentineiii no. 229 und 230
etwa zu einem Sarkophag gehört haben? Dasz jene beiden
Platten, die aus der 'Schenkung Grimani 1586' stammen,
'Nebenseiten eines und desselben Sarkophags' sind, hat
meiner Meinung nach schon Conze a. a. 0. S. 88 richtig ver-
muthet.
____JE AFP AOMJT1A KAI TEKNOIC EA VTO[V
.... CAC u. s. w.
3. Statue des Augustus; werthlos: Thiersch S. 252.
4. Im Postament dieser Statue ist vorn das Bruch-
stück34) eines Sarkophags eingelassen, der Orestes unter
den Taurem darstellte (II. ungefähr 0,50 — 060; Br.
ungefähr 0,30; die Umgitterung hinderte eine genauere
Meszung). Erhalten ist noch ein Jüngling (Orestes
oder Pylades), nach links gewendet, um den Hals und
auf dem Rücken die Chlamys, die Hände auf dem
Rücken gebunden, das Haupt gesenkt; hinter ihm steht
ein alter Mann (der [skythische] Wächter), im Mantel,
die Rechte auf dem Rücken, die Linke an der linken
Hand des Jünglings. Vgl. dazu den Sarkophag in
München (no. 222: abg. zB. Overbeck Sagenkr. 30, 1:
u. a.); das Bruchstück der Villa Albani (Visc. no. 205:
acg. Zoega Bass. 56); u. a. m.
In einem Saal des ersten Stockwerks linden sich
nebst einigen Büsten:
5. die gut erhaltene Statue eines bärtigen beklei-
deten Redners (überlebensgrosz; neu sind die Nase drei
Finger der rechten Hand und die Füsze von der Ge-
wandung an; leidlich gute Arbeit) — und:
6. eine gut erhaltene, wenngleich vielgebrochene
Replik der sog. Pudicitia des Braccio Nuovo (abg.
PCL II 14; u. ö.) von leidlicher römischer Dützend-
arbeit; beide Statuen auch erwähnt bei Thiersch S. 252.
Bndlich fiel mir noch der Bacchuskopf auf, welcher
sich auszen über dem Eingang zum Hof befindet; leider
zu hoch angebracht als dasz man ihn eingehender be-
urtheilen könnte (vgl. auch Thiersch S. 255).
PALAZZO RICCHETTI AM CANALE GRANDE.
Bei dem Kunsthändler Ricchetti fand ich —
auszer einigen werthlosen griechischen Grabsteinen
(sog. Todtenmahle) schlechtester Arbeit — ein Mar-
movwerk spätrömischer Zeit, über dessen Bestimmung
(Blumenkasten? Kindersarkophag) ich nicht zu ent-
scheiden wage, dessen figürlicher Schmuck aber trotz
der Rohheit der Arbeit nicht ohne Interesse ist.
Nach Aussage des jetzigen Besitzers stammt das
Monument aus dem Palazzo Grimani. Es ist ein
rechteckiger Marmorkasten (breit 0,60; hoch 0,42),
inwendig halb ausgehöhlt, vorn und hinten mit einem
kleinen Giebel bekrönt, an den Ecken und Neben-
seiten mit kleinen Akroterien; jede der vier Seiten
zeigt figürlichen Schmuck. Auf der einen Breitseite
sitzen in der Mitte auf einer Kline Bacchus (n. 1.)
und, ihn umarmend, Ariadne (n. r.): der Gott, dessen
rechte Hand an seinem Kopf liegt, neigt sich mit
dem Oberkörper zu ihr, welche mit der Linken
seinen linken Arm hält und die Rechte auf seine
rechte Schulter gelegt hat. Neben Bacchus lehnt