218
Perugino.
faches Oratorium war, erfuhr in späteren Zeiten mehrere Umbauten. Die
Fassade wurde um vier Meter nach vorn gerückt und an der linken
Seite der Kirche, wo der Friedhof liegt, wurde ein kleines Sakristei-
häuschen angebaut. Bei Gelegenheit dieses letzteren Umbaues fanden
sich im Jahre 1817 menschliche Gebeine genau an der Stelle, an der laut
Tradition Perugino beigesetzt war. Eine Kommission von Peruginer
Gelehrten und Kunstfreunden veranstaltete im Jahre 1901 an derselben
Stelle Ausgrabungen und glaubte in den Gebeinen die Reste Peruginos
zu erkennend
Daß die zwischen den Söhnen des Meisters und den Augustiner-
mönchen vereinbarte Überführung der Leiche nach Perugia nicht statt-
finden konnte, erklären zur Genüge die Ereignisse der Zeitgeschichte.
Von 1523 bis 1526 wütete in der Stadt und der Umgegend eine furcht-
bare Epidemie, welche nach Pellinis Angabe im Jahre 1526 etwa 8000
Personen hinraffte. Schon 1523 forderte diese Epidemie ihre Opfer,
wie ein Gonfalone mit der Figur des Pestheiligen Sebastian und der
Inschrift: «Nel pestifero tempo lachrimoso — Fo pento questo santo
glorioso MDXXIIH im Besitz des Sodalizio von S. Martino zu Perugia
bezeugt. Zu dem Wüten der Pest kamen politische Unruhen, vor allem
ein Aufstand der Landbevölkerung, der erst zwischen August und
Oktober 1525 unterdrückt werden konnte. So tief war der Eindruck, den
diese schlimmen Zeiten in den Gemütern der Bürger Perugias hinter-
ließen, daß in dem Buche der «Riformanze», der Magistratsbeschlüsse,
von 1525 eine ganze Seite der Schilderung der Pest und des Bauern-
krieges gewidmet ist. Zweimal ist hier in Miniaturmalerei zur Rechten
und zur Linken des Pestheiligen Rochus der Peruginer Greif dargestellt,
wie er fliehende Bauern mit den Pranken ergreift und niederreißt. Es
erwies sich als notwendig, strenge Vorsichtsmaßregeln gegen die Pest zu
ergreifen; so wurde, wie schon bemerkt, verboten, die Kranken zu be-
suchen und den Toten ein kirchliches Begräbnis zu geben. Unter diesen
Umständen mag die geplante Überführung der Reste Peruginos nach
S. Agostino zunächst aufgeschoben worden und dann in Vergessenheit ge-
raten sein. In keiner der zeitgenössischen und späteren Chroniken von
Perugia Hndet sich ein Hinweis auf die Beisetzung Peruginos in S. Agostino.
Dagegen berichtet ein Autor des 17. Jahrhunderts, Francesco Riccardi,
der Leiter der Cancelleria Episcopale (f 1694), im vierten Bande seiner
handschriftlichen cMemorie istoriche della Chiesa Perugina» ganz kurz,
daß Perugino in der Kirche zu Fontignano beigesetzt wurde.
Bald nach dem Tode Peruginos, am 6. Oktober 1524, bot seine
i A. Bellucci, «Relazione» in «L'Umbria^, Perugia, 1902, Mai, Seite 67—78.
Perugino.
faches Oratorium war, erfuhr in späteren Zeiten mehrere Umbauten. Die
Fassade wurde um vier Meter nach vorn gerückt und an der linken
Seite der Kirche, wo der Friedhof liegt, wurde ein kleines Sakristei-
häuschen angebaut. Bei Gelegenheit dieses letzteren Umbaues fanden
sich im Jahre 1817 menschliche Gebeine genau an der Stelle, an der laut
Tradition Perugino beigesetzt war. Eine Kommission von Peruginer
Gelehrten und Kunstfreunden veranstaltete im Jahre 1901 an derselben
Stelle Ausgrabungen und glaubte in den Gebeinen die Reste Peruginos
zu erkennend
Daß die zwischen den Söhnen des Meisters und den Augustiner-
mönchen vereinbarte Überführung der Leiche nach Perugia nicht statt-
finden konnte, erklären zur Genüge die Ereignisse der Zeitgeschichte.
Von 1523 bis 1526 wütete in der Stadt und der Umgegend eine furcht-
bare Epidemie, welche nach Pellinis Angabe im Jahre 1526 etwa 8000
Personen hinraffte. Schon 1523 forderte diese Epidemie ihre Opfer,
wie ein Gonfalone mit der Figur des Pestheiligen Sebastian und der
Inschrift: «Nel pestifero tempo lachrimoso — Fo pento questo santo
glorioso MDXXIIH im Besitz des Sodalizio von S. Martino zu Perugia
bezeugt. Zu dem Wüten der Pest kamen politische Unruhen, vor allem
ein Aufstand der Landbevölkerung, der erst zwischen August und
Oktober 1525 unterdrückt werden konnte. So tief war der Eindruck, den
diese schlimmen Zeiten in den Gemütern der Bürger Perugias hinter-
ließen, daß in dem Buche der «Riformanze», der Magistratsbeschlüsse,
von 1525 eine ganze Seite der Schilderung der Pest und des Bauern-
krieges gewidmet ist. Zweimal ist hier in Miniaturmalerei zur Rechten
und zur Linken des Pestheiligen Rochus der Peruginer Greif dargestellt,
wie er fliehende Bauern mit den Pranken ergreift und niederreißt. Es
erwies sich als notwendig, strenge Vorsichtsmaßregeln gegen die Pest zu
ergreifen; so wurde, wie schon bemerkt, verboten, die Kranken zu be-
suchen und den Toten ein kirchliches Begräbnis zu geben. Unter diesen
Umständen mag die geplante Überführung der Reste Peruginos nach
S. Agostino zunächst aufgeschoben worden und dann in Vergessenheit ge-
raten sein. In keiner der zeitgenössischen und späteren Chroniken von
Perugia Hndet sich ein Hinweis auf die Beisetzung Peruginos in S. Agostino.
Dagegen berichtet ein Autor des 17. Jahrhunderts, Francesco Riccardi,
der Leiter der Cancelleria Episcopale (f 1694), im vierten Bande seiner
handschriftlichen cMemorie istoriche della Chiesa Perugina» ganz kurz,
daß Perugino in der Kirche zu Fontignano beigesetzt wurde.
Bald nach dem Tode Peruginos, am 6. Oktober 1524, bot seine
i A. Bellucci, «Relazione» in «L'Umbria^, Perugia, 1902, Mai, Seite 67—78.