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Zusammenfassung.
hinausgeht, was die übrigen Maier seiner Zeit mit Ausnahme Leonardos
geleistet haben. Gegenüber den unruhigen und überreich mit phanta-
stischen Motiven gefüllten Landschaften seines großen Rivalen Pinturicchio
bevorzugt er die große, ruhige Linie, die weit ausladenden Täler zwischen
grün bewachsenen Hügeln, auf denen sich scharf gegen den Horizont die
schwach belaubten Pappeln des Tibertales erheben.
In seinen frühen Werken, bis zum Anfang der neunziger Jahre,
finden sich die phantastischen Felsbildungen, die später ganz verschwinden
und zum letzten Male in dem Kreuzigungsbilde aus S. Maria della Calza
(jetzt in den Ufßzien, wohl vor 1490) Vorkommen. Charakteristisch ist
ferner für alle Werke des jungen Perugino die besonders sorgfältige
Ausführung der landschaftlichen Einzelheiten, so in der Kreuzigung aus
S. Gimignano (jetzt in der Eremitage), wo die Blumen und Pflänzchen
des Vordergrundes mit peinlicher Gewissenhaftigkeit einzeln hingesetzt
sind. Diese kleinliche Behandlung des Vordergrundes macht später
einer großzügigen Landschaftsmalerei Platz, die auf Peruginos Zeitgenossen
einen ganz gewaltigen Eindruck gemacht haben muß, wie die zahlreichen
Nachahmungen jener Zeit beweisen. Die weichen Linien der Landschaft,
die in der Ferne verschwimmen, die lichte Klarheit seiner Abend-
stimmungen, die zum ersten Male in der italienischen Malerei, ganz
einheitlich durchgeführt werden, die Leuchtkraft der Farben und das
Bestreben, die Landschaft zur Resonanz der Figurenkomposition zu
machen und durch perspektivisch verkürzte Pilasterhallen die Bildfläche
zu gliedern und das Zurückweichen der Dinge glaubhaft zu machen, das
alles sind Errungenschaften, von denen Zeitgenossen und Nachfolger be-
gierig Gebrauch machten, ohne doch die leuchtende Durchsichtigkeit
und die wunderbare Zartheit seiner Landschaftsbilder je zu erreichen.
Wie auf seinem Kreuzigungsfresko in S. Maria Maddalena dei Pazzi in
Florenz (1496) die diagonal in die Tiefe führenden Linien der Landschaft
die Figurenkomposition in ihrer Wirkung steigern, so ist es in seiner
Beweinung Christi für die Nonnen von S. Chiara (1495, jetzt in der
Pitti-Galerie) die weich-wehmütige Abendstimmung der Landschaft, die
dazu beiträgt, die tief ergreifende Wirkung des Bildes hervorzurufen.
Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts werden Peruginos Landschaften
kahl und einförmig, so schon auf den Cambio-Fresken (1500) und in der
Madonnenglorie für Vallombrosa (1500). Der Vordergrund wird ein-
förmig braun, die Anordnung mehrerer Pläne hintereinander wird noch
häußg durch die den Horizont überschneidenden mageren Bäumchen
klargelegt, aber alle Raum bildenden Mittel werden nach dem erprobten
Rezept immer wieder angewandt, bis sie schließlich zum öden Schema
werden und ihre Wirkung verlieren. Noch gelingt ihm öfters eine schöne,
Zusammenfassung.
hinausgeht, was die übrigen Maier seiner Zeit mit Ausnahme Leonardos
geleistet haben. Gegenüber den unruhigen und überreich mit phanta-
stischen Motiven gefüllten Landschaften seines großen Rivalen Pinturicchio
bevorzugt er die große, ruhige Linie, die weit ausladenden Täler zwischen
grün bewachsenen Hügeln, auf denen sich scharf gegen den Horizont die
schwach belaubten Pappeln des Tibertales erheben.
In seinen frühen Werken, bis zum Anfang der neunziger Jahre,
finden sich die phantastischen Felsbildungen, die später ganz verschwinden
und zum letzten Male in dem Kreuzigungsbilde aus S. Maria della Calza
(jetzt in den Ufßzien, wohl vor 1490) Vorkommen. Charakteristisch ist
ferner für alle Werke des jungen Perugino die besonders sorgfältige
Ausführung der landschaftlichen Einzelheiten, so in der Kreuzigung aus
S. Gimignano (jetzt in der Eremitage), wo die Blumen und Pflänzchen
des Vordergrundes mit peinlicher Gewissenhaftigkeit einzeln hingesetzt
sind. Diese kleinliche Behandlung des Vordergrundes macht später
einer großzügigen Landschaftsmalerei Platz, die auf Peruginos Zeitgenossen
einen ganz gewaltigen Eindruck gemacht haben muß, wie die zahlreichen
Nachahmungen jener Zeit beweisen. Die weichen Linien der Landschaft,
die in der Ferne verschwimmen, die lichte Klarheit seiner Abend-
stimmungen, die zum ersten Male in der italienischen Malerei, ganz
einheitlich durchgeführt werden, die Leuchtkraft der Farben und das
Bestreben, die Landschaft zur Resonanz der Figurenkomposition zu
machen und durch perspektivisch verkürzte Pilasterhallen die Bildfläche
zu gliedern und das Zurückweichen der Dinge glaubhaft zu machen, das
alles sind Errungenschaften, von denen Zeitgenossen und Nachfolger be-
gierig Gebrauch machten, ohne doch die leuchtende Durchsichtigkeit
und die wunderbare Zartheit seiner Landschaftsbilder je zu erreichen.
Wie auf seinem Kreuzigungsfresko in S. Maria Maddalena dei Pazzi in
Florenz (1496) die diagonal in die Tiefe führenden Linien der Landschaft
die Figurenkomposition in ihrer Wirkung steigern, so ist es in seiner
Beweinung Christi für die Nonnen von S. Chiara (1495, jetzt in der
Pitti-Galerie) die weich-wehmütige Abendstimmung der Landschaft, die
dazu beiträgt, die tief ergreifende Wirkung des Bildes hervorzurufen.
Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts werden Peruginos Landschaften
kahl und einförmig, so schon auf den Cambio-Fresken (1500) und in der
Madonnenglorie für Vallombrosa (1500). Der Vordergrund wird ein-
förmig braun, die Anordnung mehrerer Pläne hintereinander wird noch
häußg durch die den Horizont überschneidenden mageren Bäumchen
klargelegt, aber alle Raum bildenden Mittel werden nach dem erprobten
Rezept immer wieder angewandt, bis sie schließlich zum öden Schema
werden und ihre Wirkung verlieren. Noch gelingt ihm öfters eine schöne,