Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bombe, Walter
Geschichte der Peruginer Malerei bis zu Perugino und Pinturicchio: auf Grund des Nachlasses Adamo Rossis und eigener archivalischer Forschungen — Italienische Forschungen, Band 5: Leipzig, 1912

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34609#0296
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
276

Zusammenfassung.

Seide mit weißer Peizverbrämung. Der Hals bleibt frei, die Ärmel sind
sehr lang und mit Aufschlägen versehen, und auf dem künstlich gelockten
lichtblonden Haar prangt der modische Kopfputz, die Cresta. Mit der
nämlichen, etwas manierierten Eleganz sind auch die Engel auf der großen
Anbetung der Könige und den beiden Altarwerken aus S. Francesco
(thronende Madonna mit vier Heiligen) und aus S. Domenico (Madonna
mit vier Heiligen und musizierenden Engeln) aufgeputzt. Wie die Engel
auf diesen Bildern, so tragen auch die vier Blumenkörbe in den Händen
haltenden Engel der Umrahmung des Gonfalone von S. Bernardino auf
ihrem zierlich gekräuselten Haar den bizarren, einem Hahnenkamm
(Cresta) ähnlichen, aus künstlichen Blumen hergestellten Zierat, für den
Bonßgli eine besondere Vorliebe besessen haben muß, da er ihn fast
allen seinen Engeln aufsetzt. Es war der Kopfputz, welchen die jungen
Mädchen in Perugia bei festlichen Gelegenheiten zu tragen pflegten.
Schon in einem 1339 aufgenommenen Inventar der Disciplinati von
S. Domenico wird dieser seltsame Kopfputz erwähnt. Unter Nr. 52 heißt
es daselbst: «Ancho sei berette bianche con creste roscie». — Bon-
Hgli hat die Cresta wie ein Monogramm auf den meisten seiner Tafel-
bilder und Gonfaloni angebracht. Bei anderen umbrischen Meistern
ßndet sie sich nie.
Die ebenfalls recht bizarre Männertracht der Zeit ßndet sich auf
den beiden Anbetungen der Könige von Bonßgli: Lange, bis auf den
Boden reichende Röcke von schwerem Brokatstoff, gegürtete, pelzverbrämte
Knieröcke, kurze Mäntel mit weit abstehenden Schößen, eng anliegende
Beinkleider, farbige Zeugschuhe.
Ein Menschenalter später treten uns die Trachten einer neuen Zeit auf
den acht Tafeln mit Darstellungen aus der Bernhardinsiegende entgegen, eng
anschließende Beinkleider, kurze Jacken, kurze oder bis fastauf die Erde
reichende Mäntel, von sehr lebhafter Farbe. Ähnliche Trachten ßnden
wir auf Bildern Niccolo Alunnos, auf den frühen Freskobildern Pintu-
ricchios in Araceli und auf der von Pinturicchio und Fiorenzo di Lorenzo
herrührenden Anbetung der Könige aus S. Maria Nuova und auf den
Bernhardinstafeln der Peruginer Pinakothek. An Feinheit und Eleganz
und an vornehmer Haltung übertreffen die Menschen der Bernhardins-
tafeln, die diese eng anschließenden Kleider tragen, bei weitem die oft
schwerfälligen und steifen Figuren der vorhergehenden Generation. Doch
fehlt es hier auch nicht an Modeßguren, die mit geckenhafter Eleganz ihre
schönen Kostüme zur Schau tragen. Mit der zunehmenden Wohlhaben-
heit und dem namentlich durch die blühende Universität hervorgerufenen
Aufschwung des geistigen Lebens kam Perugia in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts den großen Kulturzentren Italiens gleich, und das Streben
 
Annotationen