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Intern a t i o n a I e S a nimlcr-Zcit u n g.

Nr. 1

vergilbten Karte und dergleichen lebendig werden können.
In diesem Sinne wies diese Zeitschrift immer wieder
darauf hin, daß das Sammeln und Forschen nicht aus-
schließlich eine Sache von Bevorzugten, eine Ange-
legenheit der reichen Mittel sein muß, sondern daß jeder
von seiner bescheidensten Position aus daran teil-
nehmen kann, wenn er von einem feinen Sinn für das
Leben der Dinge geleitet wird.
Die fünf Jahre des Blattes wurden zu einem uner-
müdlichen Liebeswerben für die edelste Liebhaberei, die
dieser materialisierten Zeit noch erhalten geblieben ist.
Immer neue Freunde wurden gewonnen, immer mehr
die Gemeinde der Sammler und Interessierten vergrößert.
Wo das Wort nicht hinreichte, da kam das Bild, die

illustrierende Reproduktion hinzu, und so bot das Blatt
nicht nur die Theorie und die Beschreibung, sondern auch
die Kunst selbst und ließ im idealen Sinne auch den
Fernstehenden Mitbesitzer von künstlerischen Klein-
odien werden, deren Anblick ihm sonst versagt blieb. Immer
mehr zum Vielfältigen, Lebendigen, Wirksamen hin aus
dem vorwiegend Fachgemäßen, Tastenden ihrer Anfänge,
das war in den fünf Jahren der Weg der »Internationalen
Sammler-Zeitung«. Er wird und muß weiter aufwärts
führen, wenn die resignationsvolle Mühe ihres Heraus-
gebers nicht erlahmt, wenn zu den alten Freunden immer
neue sich hinzugesellcn werden, mit der Zeitschrift eine
Sache fördernd, deren Ausübung allein schon Glück und
Lohn bedeutet.


Ein Sammler wird gesucht!
Szenischer Scherz.
Geschrieben für die Neujahrsnummer der »Internationalen Sammler-Zeitung«.
Von Siegmund Schlesinger (Wien).
Personen.
E 11 y.
Ada Ron tha 1.
Kurt H e 1 b i g.
Sir Percival Glimmerstone.
Schauplatz: Adas Gut.

Ada und Elly (in lebhaftem Gespräche nebeneinander).
E 11 y. Ich erkenne dich gar nicht mehr, Ada, und, offen
gestanden, ich bin durch dein Vertrauen mehr erschreckt als
erfreut. D u bist es, die auf dem Inseratenwege einen Sammler
sucht, nur um eine Nummer mehr in der Kollektion seiner Er-
oberungen abzugeben.
Ada. Es muß doch nicht jeder Mann durchaus Fraucn-
herzensammler sein.
Elly (mit Ueberzeugung). Jeder. Ewiges Naturgesetz
— und es fällt keinem ein, dagegen zu revoltieren. Das Ge-
setz ist zu verführerisch, es bietet zu schöne Prämien fürs Ge-
horchen.
Ad a. Mag sein. Aber wenn ein Unikum als Prämie darauf
gesetzt wird, daß die Sammlung ihren Abschluß haben muß,
so wird sich kein richtiger Sammler lange besinnen, auf die
Bedingung einzugehen. Und ich wäre eitel genug, mich für so
etwas, wie ein derartiges Unikum zu halten — vorausgesetzt,
daß bei der ganzen Geschichte überhaupt ein ernster Hinter-
gedanken wäre.
E I I y. D u etwas tun, Ada, ohne einen ernsten Gedanken
dabei? Da müßte in dem Jahre, seit wir uns nicht gesehen
haben, ein Umsturz deines ganzen Wesens geschehen sein —.
Ada (steht erregt auf und geht im Zimmer auf und
nieder). Das ist's auch, das ist’s — Zeitvertreib suche ich,
nichts als Zeitvertreib, Zerstreuung —.
Elly (lächelnd). Und aus Zerstreuung bist du Samm-
lerin geworden?
A d a (forciert lachend). Gewiß. Das zwingt doch die
Gedanken auf einen einzigen Punkt hin und läßt alles andere
vergessen —.

Elly (aufmerksam werdend). Was hättest du zu ver-
gessen? (Erratend.) Ada, was ist’s denn mit Vetter Kurt? Wo
steckt der?
Ada (mit Heftigkeit). Da trägst du mehr, als ich weiß.
In einem der fünf Weltteile treibt er sich wohl herum, viel-
leicht auch in einem noch unentdeckten.
Elly. Und du hast ihn nicht halten können?
Ada. Wozu? Und womit?
Elly. Das trägst du mich? Dafür gibt’s keine nähere
Fragestelle — in dir?
Ada (fortwährend erregt). Mein Herz, meinst du?
Hundert Hände hätte der haben müssen, einen Menschen zu
halten, dessen Sinn nach hundert Orten hin zerfahren ist! Ich
bin doch immer hier — war seine gewöhnliche Ausrede —
wenn ich auch weit weg bin -— er war aber weit weg, auch
wenn er hier war — um ihn zu holen, hätte man ihn beständig
zusammensuchen müssen — sprechen wir nicht mehr von
ihm —.
Elly (das Gespräch ablenkend). Du wirst mir doch
deine Sammlungen zeigen? Was sammelst du eigentlich?
A da (lachend). Dummheiten, nichts als Dummheiten. Ich
treib’s ja wirklich nur zum Spaß. Das gewöhnliche Sammel-
zeug, Bilder, Antiquitäten, Bücher, Münzen, Briefmarken, An-
sichtskarten, das war mir zu langweilig — etwas Originelles
hat’s sein müssen, etwas Amüsantes — Dummheiten der Liebe
sammle ich —.
Elly (mit scherzendem Spott). Um den heillosen Vetter
Kurt zu vergessen?
Aida. Nein — um die Verrücktheiten des Herzens gründ-
lich auszukosten und satt zu bekommen. Also, Porträts von
Liebesleuten, die sich umgebracht haben — Waffen und son-
stige Mittel, die bei solchen Geniestreichen geholfen haben
 
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