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Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

6. Jahrgang. Wien, 1. Juli 1914. Nr. 13.
Die Sammlungen des Freiherrn von Oppenheim.
I. Gemälde.*
Von Dr. Wilhelm von Bode, Wirklicher Geheimer Rat (Berlin).

Die Sammlung des Barons Albert v. Oppenheim,
in einem langen Menschenleben zusammengebracht, ist
die vielseitigste und eine der gewähltesten Privatsamm-
lungen, die Deutschland in neuerer Zeit aufzuweisen hat.
Die günstige Lage von Köln, in der Nähe der großen
Kunstmärkte, hat der am 13. November 1834 geborene
Sammler, der am 23. Juni 1912 gestorben ist, mit
großem Geschick auszunützen verstanden, indem er bald
in Köln, bald in Paris, Brüssel oder London Erwerbungen
machte, die sich ihm günstig darboten. Ueber die Anti-
quitäten, insbesondere über die in ihrer Art einzige
Sammlung rheinischen Steinzeuges, wird der be-
rufenste Kenner dieser Kunstgattung, Otto v. Falke,
sich aussprechen; mir sei es gestattet, kurz auf die Be-
deutung der Gemäldesammlung, die dank der liberalen
Gesinnung des Besitzers von mancher Ausstellung her
bekannt ist, die Aufmerksamkeit zu lenken.
Die Galerie besitzt unter mehreren primitiven Ge-
mälden eines der interessantesten Bilder der altnieder-
ländischen Schule, den heiligen Eligius von Petrus
Christus, voll bezeichnet und 1449 datiert. Eines der
umfangreichsten Bilder dieses Schülers des Jan van
Eyck, ist es zugleich sein anziehendstes Werk; es zeigt
uns ein junges Paar, angeblich auch ein Heiligenpaar, in
der Zeittracht des Künstlers, in der Werkstatt des
Heiligen der Goldschmiede, von dem es die Eheringe in
Empfang nimmt; ein Zeitbild von größtem Reize durch
den Reichtum aller Details und die Treue und Deli-
katesse, mit der die ganze Umgebung wiedergegeben ist.
Von Quinten M a s s y s besitzt die Sammlung zwei
charakteristische Kompositionen: »Die Madonna vor
weiter Landschaft«, eine späte Komposition, stark be-
wegt und reich in den Motiven, von vortrefflicher Er-
haltung, und »Die Geldwechsler«. Letztere haben die
Veranlassung zu einer interessanten Kontroverse ge-
geben durch die Inschrift auf dem Buch: »Le roi doiet a
maistre Cornile de la (Chapelle).« Daraus hat man
schließen wollen, daß Meister Corneille de Lyon der
Maler des Bildes sei, mit dessen miniaturartigen,
schlichten Porträten es keinerlei Verwandtschaft hat.
* Die Sammlungen, die Ende Oktober bei Lepke in
Berlin zur Versteigerung gelangen, werden auf Wunsch der
Stadt Köln von Anfang Juli bis Mitte August im dortigen
städtischen Wallraf-Richartz-Museum ausgestellt.

Auch Marinus v. R o m e r s w a 1 d e hat man als
Künstler genannt, allein die ähnlichen Bilder dieses Nach-
folgers von Massys sind spitziger in der Pinselführung
und manierirter. Das Bild steht Massys selbst, wie es
in den bezeichneten »Wechslern« im Louvre erscheint,
entschieden näher. Zwei kleine Bildnisse eines jungen
Ehepaares, die früher dem jungen Hans Holbein zu-
geschrieben waren und noch heute von einigen ihm zu-
geschrieben werden, sind meiner Ansicht nach charak-
teristische Werke von einem durch die Mailänder Vor-
bilder beeinflußten, erst seit kurzem wieder erkannten
niederländischen Zeitgenossen, Ambrosius B e n s o n. Es
sind besonders ausgezeichnete Beispiele seiner Kunst.
Die großen flämischen Meister sind fast vollständig
vertreten. P. P. Rubens mit einer seiner großstiligen
Landschaften sowie mit zwei größeren Skizzen, darunter
einer der Skizzen zu den allegorischen Deckenbildern zu
White’hall zu London, den Sieg der Eintracht über die
Zwietracht darstellend, ein Werk, das die ganze blühende
Frische der Farben und die meisterhafte Breite seiner
letzten Zeit aufweist. Von A. van Dyk ist die kleine
farbige Studie zum Porträt des Malers Ryckaert be-
sonders anziehend. Unter zwei guten Bildern von
D. T e n i e r s sind die Bogenschützen durch den hellen,
sonnigen Ton und die leichte Malweise ein Hauptbild.
Auch die »Familie« von G. C o q u e s gehört zu den
besten Werken dieses »kleinen Van Dyk«, wie er mit
Recht schon zu seiner Zeit genannt wurde.
Am reichsten und bedeutsamsten ist die holländische
Schule vertreten. Hier fehlt kaum einer der großen
Meister: Voran Frans Hals gleich mit drei Bildern.
Das Bildnis einer behäbigen, jüngeren Haarlemer Dame
in beinahe halber Figur hat die erquickende Frische der
Auffassung, die flotte und hier doch liebevolle Ausführung,
die die mittlere Zeit des Künstlers um 1650 vor allem aus-
zeichnet. Sein jovialer Sinn, sein köstlicher Humor
kommt voll zur Geltung in den beiden runden Bildern
lachender, blondlockiger Buben, die prima mit großer
Virtuosität hingestrichen sind. Hals’ Altersgenosse, der
Amsterdamer Th. de K e y s e r, würdevoller und sorg-
fältiger als der große Haarlemer Meister, kommt ihm in
Bildnissen in kleinem Formate gelegentlich nahe, ja in
Meisterwerken, wie in dem Bildnisse eines jungen
Mannes und seiner Gattin in der Galerie Oppenheim,
 
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