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LINGISCHER UND ER ÜHOTTO-
NISCHER ZEIT
Mit 4 Tafeln Von EDITH BARON
I. EINLEITUNG
Schicksale der Mainzer Handschriften
Die Miniaturmalerei in Mainz, dem Sitz des ersten deutschen Kirchenfürsten des frühen
Mittelalters, hat noch keine einheitliche Bearbeitung gefunden und wird selbst durch flüch-
tige Hinweise in der kunsthistorischen Literatur nur selten gestreift, während über andere
Zentren der deutschen Buchmalerei schon eine große Anzahl vorbereitender Aufsätze
und umfassender Arbeiten vorhanden ist.
Schuld daran tragen vor allem die ungünstigen Schicksale, die Mainz heimgesucht
und die ehemals überreiche Stadt fast leer zurückgelassen haben. Dagegen bewahrt z. B.
Köln noch jetzt eine großen Teil seiner Schätze.
Außer dem Benediktinerkloster St. Alban, das berühmt ist als Grabstätte zahlreicher
geistlicher und weltlicher Fürsten und als Sitz wichtiger Synoden, für dessen Kirche und
Bibliothek die künstlerisch bedeutendsten der erhaltenen Mainzer karolingischen und otto-
nischen Handschriften bestimmt waren, bedurften der Dom St. Martin und die Mainzer
Stifte für ihre Bibliotheken und Kirchen zahlreicher Handschriften.
Wie reich vor allem die Sakristei des Domes noch im 13. Jahrhundert mit wertvollen
liturgischen Handschriften ausgestattet war, wird uns im Chronicon Christians II. geschil-
dert, und zahlreiche Nachrichten zeugen von den Schätzen der Dombibliothek, von den
Reichtümern der Bibliothek von St. Alban und von dem wissenschaftlichen Eifer seiner
Mönche.
Aber nur wenige der alten Handschriften blieben in Mainz und werden noch heute im
Domschatz, in der Stadt- und in der Seminarbibliothek aufbewahrt. Über die Schicksale
der einzelnen Bibliotheken und der Handschriftenbestände der Kirchen sind wir schlecht
unterrichtet1). Von dem, was von der Klosterbibliothek von St. Alban nach der Plünderung
in dem Aufstand der Bürger gegen die Geistlichkeit im Jahre 1329 und nach der Zerstörung
der Gebäude durch die Truppen des Albrecht Alicibiades im 16. Jahrhundert übrigblieb,
kam ein Teil in die Dombibliothek. Von den liturgischen Handschriften mögen einige den
anderen Mainzer Kirchen überwiesen worden sein, wovon das Sakramentar aus St. Alban
im Domschatz Zeugnis ablegt. Die Dombibliothek und der Domschatz haben schon im
11. und 12. Jahrhundert durch zahlreiche Dombrände und einen Bürgeraufruhr des Jahres
1159, in dessen Verlauf Schatzkammer und Büchereien geplündert wurden, schwer gelitten.
I552 wurden viele Bücher der Bibliothek durch Albrecht Alcibiades nach Heidelberg
verschleppt. Diese Bände wurden 1623 nach der Eroberung Heidelbergs durch Tilly von
9 Vgl. hierfür und für das Folgende: Franz Falk, Die ehemalige Dombibliothek zu Mainz. 18. Beiheft zum
Zentralblatt für Bibliothekswesen. — Derselbe, Bibelhandschriften und Bibeldrucke in Mainz vom 8. Jahrh. bis zur
Gegenwart, Mainz 1901 (besonders S. 88ff. St. Alban). — Gustav Binz, Literarische Kriegsbeute aus Mainz in schwe-
dischen Bibliotheken. In Mainzer Zeitschrift Jahrg. 12, 13, 1917, 18. — Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde, III, Frankfurt a. M. 1821, S. 503. — R. Kautzsch und E. Neeb, Der Dom zu Mainz. Kunstdenk-
mäler in Hessen, Bd. II, Darmstadt 1919, S. xyoff. und 35iff. (Domschatz). — A. L. Veit, Etwas über den Mainzer
Domschatz. Feierstunde, Beilage zum Mainzer Journal, 10. Jahrg., Nr. 133, 134 vom 10. und 11. Juni 1912.
G. C. Joannis, Rerum Mogontiacarum, T. II, Frankfurt a. M. 1722, S, 725t. (St. Alban), Mainzer Zeitschrift, III
1908, S. 6gf. (St. Alban), mit Angabe der älteren Literatur.
8 Jahrbuch für Kunstwissenschaft 1931.
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LINGISCHER UND ER ÜHOTTO-
NISCHER ZEIT
Mit 4 Tafeln Von EDITH BARON
I. EINLEITUNG
Schicksale der Mainzer Handschriften
Die Miniaturmalerei in Mainz, dem Sitz des ersten deutschen Kirchenfürsten des frühen
Mittelalters, hat noch keine einheitliche Bearbeitung gefunden und wird selbst durch flüch-
tige Hinweise in der kunsthistorischen Literatur nur selten gestreift, während über andere
Zentren der deutschen Buchmalerei schon eine große Anzahl vorbereitender Aufsätze
und umfassender Arbeiten vorhanden ist.
Schuld daran tragen vor allem die ungünstigen Schicksale, die Mainz heimgesucht
und die ehemals überreiche Stadt fast leer zurückgelassen haben. Dagegen bewahrt z. B.
Köln noch jetzt eine großen Teil seiner Schätze.
Außer dem Benediktinerkloster St. Alban, das berühmt ist als Grabstätte zahlreicher
geistlicher und weltlicher Fürsten und als Sitz wichtiger Synoden, für dessen Kirche und
Bibliothek die künstlerisch bedeutendsten der erhaltenen Mainzer karolingischen und otto-
nischen Handschriften bestimmt waren, bedurften der Dom St. Martin und die Mainzer
Stifte für ihre Bibliotheken und Kirchen zahlreicher Handschriften.
Wie reich vor allem die Sakristei des Domes noch im 13. Jahrhundert mit wertvollen
liturgischen Handschriften ausgestattet war, wird uns im Chronicon Christians II. geschil-
dert, und zahlreiche Nachrichten zeugen von den Schätzen der Dombibliothek, von den
Reichtümern der Bibliothek von St. Alban und von dem wissenschaftlichen Eifer seiner
Mönche.
Aber nur wenige der alten Handschriften blieben in Mainz und werden noch heute im
Domschatz, in der Stadt- und in der Seminarbibliothek aufbewahrt. Über die Schicksale
der einzelnen Bibliotheken und der Handschriftenbestände der Kirchen sind wir schlecht
unterrichtet1). Von dem, was von der Klosterbibliothek von St. Alban nach der Plünderung
in dem Aufstand der Bürger gegen die Geistlichkeit im Jahre 1329 und nach der Zerstörung
der Gebäude durch die Truppen des Albrecht Alicibiades im 16. Jahrhundert übrigblieb,
kam ein Teil in die Dombibliothek. Von den liturgischen Handschriften mögen einige den
anderen Mainzer Kirchen überwiesen worden sein, wovon das Sakramentar aus St. Alban
im Domschatz Zeugnis ablegt. Die Dombibliothek und der Domschatz haben schon im
11. und 12. Jahrhundert durch zahlreiche Dombrände und einen Bürgeraufruhr des Jahres
1159, in dessen Verlauf Schatzkammer und Büchereien geplündert wurden, schwer gelitten.
I552 wurden viele Bücher der Bibliothek durch Albrecht Alcibiades nach Heidelberg
verschleppt. Diese Bände wurden 1623 nach der Eroberung Heidelbergs durch Tilly von
9 Vgl. hierfür und für das Folgende: Franz Falk, Die ehemalige Dombibliothek zu Mainz. 18. Beiheft zum
Zentralblatt für Bibliothekswesen. — Derselbe, Bibelhandschriften und Bibeldrucke in Mainz vom 8. Jahrh. bis zur
Gegenwart, Mainz 1901 (besonders S. 88ff. St. Alban). — Gustav Binz, Literarische Kriegsbeute aus Mainz in schwe-
dischen Bibliotheken. In Mainzer Zeitschrift Jahrg. 12, 13, 1917, 18. — Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde, III, Frankfurt a. M. 1821, S. 503. — R. Kautzsch und E. Neeb, Der Dom zu Mainz. Kunstdenk-
mäler in Hessen, Bd. II, Darmstadt 1919, S. xyoff. und 35iff. (Domschatz). — A. L. Veit, Etwas über den Mainzer
Domschatz. Feierstunde, Beilage zum Mainzer Journal, 10. Jahrg., Nr. 133, 134 vom 10. und 11. Juni 1912.
G. C. Joannis, Rerum Mogontiacarum, T. II, Frankfurt a. M. 1722, S, 725t. (St. Alban), Mainzer Zeitschrift, III
1908, S. 6gf. (St. Alban), mit Angabe der älteren Literatur.
8 Jahrbuch für Kunstwissenschaft 1931.
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