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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Tietze-Conrat, Erica: Der Böckchen tragende Satyr: ein Beitrag zur Frage der skulpturalen Kopie und zum Oeuvre Georg Raphael Donners
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0100
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68

E. Tietze-Conrat Der Böckchen tragende Satyr

Tischfuß bei Ergänzung der Figur anregen
lassen. Doch spricht eines dagegen: daß

nämlich auch an diesem Tischfußchriophor
beide Arme ergänzt sind. Diese Ergänzung
kann ja sogar nach dem berühmten Madrider
Exemplar gemacht worden sein. Anderseits
wäre es auch möglich, daß die rechte Hand
mit dem Pedum — es kommt wieder nur
auf diese an — nach einem ähnlichen Tisch-
fuß ergänzt worden sei. Für das häufige Vor-
kommen dieses Motivs berufe ich mich auf
eine Stelle bei C. Friederichs, Berlins antike
Bildwerke (II Geräte und Bronzen im Alten
Museum, Düsseldorf 1871): „1517 Schöner
Gerätfuß aus dem Besitz Belloris .... Dieser
Fuß entspricht in seiner Bildung ganz den
so häufig erhaltenen marmornen Tischfüßen.
Aus der Kralle entwickelt sich ein Kelch
und aus diesem die Halbfigur eines Satyr,
der in der Linken den Hirtenstab hat . . .

So könnte doch an eine Übernahme dieses
häufigen Motivs durch Ferrata20) gedacht
werden.

Die Figur ist bei Domenico de Rossi
(a. a. O. Fig. 32), bei Bernard de Montfaucon,
Antiquite expliquee 1719 bis 1724, suppl. 1,63
und bei Clarac Taf. 726 E 1671 H gestochen.
Die Stecher haben jedesmal eine möglichst
flächenhafte Ansicht gesucht und darum die
Langseite der Plinthe fast parallel zum Bild-
rand gestellt. Die Schreitbewegung der Beine
kommt so am klarsten zum Ausdruck und
der Baumstamm, den das rechte Bein über-
schneidet, kann den Eindruck des Vorwärts-
gehens nicht aufhalten. Die an den Ast-
stummel gehängte Hirtentasche (nach Hübner
a. a. O.) wird zur „fistola“ (Rossi), zum „in-
strumentum ... ad Syringis seu Panos tibiam
accedens“ (Montfaucon). Der Kopftypus ist
gegen das Original verändert; die Haare sind zwar nach Zahl und Biegung der Locken
mit Gewissenhaftigkeit wiederholt, aber ihr charakteristischer Ansatz fehlt, das Gesicht
ist verbreitert, bei der starken Untensicht die Backenknochen und breiten Nasenlöcher

Fig- 33 Pierre Lepautres Ziegenträger. Maison Laffitte

20) F.RCOT.E Ferrata aus Perlsotto bei Como, schrieben. — Sein Schüler Pietro Balestri Sanese detto

IblO—1686, wird als Restaurator gerühmt und seine Tätig- Pietruccio trat in den Dienst der Königin Christine von

keit als solcher ausführlich bei Baldinucci und Pascoli be- Schweden (Baldinucci 457).
 
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