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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Jonas, J. E.: Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0255
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iog

J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911

HO

Unmittelbar südlich vom Palas stieß man
erfreulicherweise auf eine ganze Anzahl von Mauern
(Zeichnungen Fig. 2g, 48—51). Trotz des flüchtigen
Charakters dieser Untersuchung gelang es, ein einiger-
maßen übersichtliches Bild zu schaffen.

Besonders interessant erscheint das keil er artige
Gebäude K (Zeichnungen Fig. 29, 48 und 49), welches
von allen vier Seiten freigelegt wurde. Sein Innenraum
hat eine Größe von zirka 2-2 X2J6 nt. In seiner Süd-
wand fand man, noch zur Hälfte wohlerhalten, das
mit einem sorgfältig bearbeiteten Granitgewände
eingefaßte Eingangsportal (120). Zu diesem scheint
eine Treppe über den Kellerzugang (119) ge-
führt zu haben. In diesem Zugänge fand man
bei 168 wiederum Reste einer Steinpflasterung.

Die beiden westlichen Außenkanten des Ge-
bäudes zeigen vertikale Einkehlungen (125 und
126). Innen wurden in etwa T5 m Höhe in der
Westwand (121 und 122) und an der Ostwand
(123 und 124) je zwei einander gegenüber-
liegende Balkenlöcher festgestellt, und im ober-
sten Schutte fand man ein aus einem Stück
hergestelltes kreisrundes Fenster aus Granit.

Was die anderen Fundresultate un-
mittelbar südli ch vom Palas anlangt (Zeich-
nungen Fig. 29, 50 und 51), so deuten einige
eingestürzte Gewölbe (z. B. 118) und Mauerreste
darauf hin, daß sich unter denselben noch
Räumlichkeiten befunden haben müssen, welche
vielleicht vom Untergeschosse des Palas aus
zugänglich waren, worauf Spuren in der nörd-
lichen Palaswand schließen lassen. Die Ge-
samtübersicht über die letztgenannten Grabungs-
arbeiten geben die Zeichnungen.

Zuletzt wandte ich noch meine Aufmerk-
samkeit der Doppelkapelle zu. Auch dieses
Objekt bietet eine Reihe interessanter Probleme für
die Durchforschung.

ln der unteren Kapelle fiel es von vornherein
auf, daß die unterste sowohl der zum Chor wie auch
der zur oberen Kapelle führenden Stufen eine be-
deutend geringere Höhe als die übrigen hat, ferner,
daß das unterste Glied der Säulenbasen im Ver-
hältnis zu den sonst schweren Proportionen zu
schwächlich ist. Dies konnte nur in einer ursprüng-
lich tieferen Fußbodenlage seine Erklärung
finden. Wie an früherer Stelle bereits berichtet wor-
den ist, wurde in der Tat ein zweiter älterer Fuß-
boden unter dem jetzigen aufgefunden85).

Die von außen zur unteren Kapelle herab-
führende Treppe ist in ihrer gegenwärtigen Form
neu. Die innere Verbindungstreppe der beiden
Kapellen ist gewiß nachträglich eingebaut worden.
Abgesehen von gewissen baulichen Eigentümlich-
keiten paßt sie auch gar nicht in die Gesamtdispo-
sition. Die obere Kapelle wurde ursprünglich gewiß
nicht auf dem Umwege durch die untere Kapelle
betreten, sondern direkt durch das in Obergeschoß-
höhe angebrachte Eingangsportal in der Westwand.
Sollte aber das Bedürfnis einer direkten Verbindung
beider Kapellen bestanden haben, etwa für die Geist-

85) Nach den Akten des K. k. Finanzministeriums

stammt die „Auspflasterung des nur besandeten heidnischen
Tempels(!) mit Steinplatten“ aus dem Jahre 1856.

Fig. 52 Obere Kapelle, nordöstliche Säule, Basis (Ostseite)

lichkeit, so erscheint es mir natürlicher, an eine
ehemalige Fortsetzung der Wendeltreppe nach
unten, zu denken, welche jetzt vom oberen Chor ins
Dachgeschoß hinaufführt86).

Die eben genannte Wendeltreppe führt an einem
kleinen, nach oben durch ein Tonnengewölbe ab-
geschlossenen Gemach vorbei, in dessen Nordost-
ecke sich ein in Granit ausgeführter Kamin be-
findet. Vielleicht diente dieser offenbar heizbare Raum
den Burgherren in kalter Jahreszeit zur Gebets-
verrichtung.

Es ist früher nachgewiesen worden, daß die
Galerie, welche um die Doppelkapelle herumgeführt
hat, nicht der ursprünglichen Anlage angehörte.
Anderseits muß füglich zugestanden werden, daß

6) Diese Ansicht teilt auch Grubber.
 
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