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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Morelovski de Prus, Marian: Der Krakauer Schwanritter-Wandteppich und sein Verhältnis zu den französischen Teppichen des XV. Jhs.
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0266
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Marian Möret.owski Der Krakauer Schwanritter-Wandteppich usw.

man den Chevalier au cygne! (Doütrepont,
1. c. S. 105).

Es ist auch auffallend und kennzeichnend, daß
das Schwanritterturnier einem Festmahle voranging,
das als das größte und prachtvollste jener Zeiten
gerühmt wird. „Au banquet ainsi qu’ä la joute
d’Adolphe de Cleves“ sagt Doütrepont weiter —
„on voit figurer le Chevalier au Cygne dans une
„nef“ traine par un cygne“. Dieser Adolphe de
Cleves, Philipps tres eher neveu — war mit einer
Schwester des Letzteren verheiratet (Van Galippe
op. cit.)8).

Fig. 6o Isabeau de Portugal, Philipps des Guten Gattin.

(Aus: Les chefs d’ceuvre etc. op. cit.)

Philipp der Gute erbte 1430 Brabant und
Limburg und später erwarb er unter anderem auch
Namur. Nun erfahren wif aber bei Kawczynski 9),
daß die Herzöge und Grafen dieser Länder

8) Vgl. auch Van Drival, Les tapisseries d’Arras.
Arras 1864, S. 99. Der Sire de Ternant erscheint während
eines Turniers im Jahre 1446 in dem Anzuge eines von
den neuf preux, zu denen Godefroid de.Bouillon gehört,
„so wie man dieselben auf den Wandteppichen
darstellt“, heißt es bei dem Geschichtsschreiber M. de
Barante.

9) Max Kawczyäski, Piesn o rycerzu z labqdziem
(Chanson du Chevalier au cygne), herausgegeben von der
Krakauer Akademie der Wissenschaften 1903, S. 227. —
Vgl. auch Ph. Aus. Becker, Altfranzösische Literatur, S. 107.

I 28

ebenso wie die Grafen von Cleve ihre Abstammung
von dem Schwanritter ableiteten. Als Groß-
vater Baudouins „von Jerusalem“ war wiederum der
König Oriant ein Ahne der Herrscher von Flandern
und Hainau.

Auf einem Hofe, wo man für das altfranzösische
Rittertum schwärmte und für Prosabearbeitungen der
alten Chansons das regste Interesse bekundete10), •—
wo man sogar Namen berühmter Romanhelden an-
nahm11), — konnte eine derartige Abstammung zur
besonderen Vorliebe für den Schwanritter einen hin-
reichenden Grundgebildet haben. Es läßt sich aber noch
ein zweiter, ebenso wichtiger Grund hiefür aufweisen.

Philipp der Gute von Burgund war der „premier
esmoveur“ eines neuen Kreuzzuges gegen die
Türken12) und hat auch tatsächlich eine Expedition
gegen die Letzteren zustandegebracht. In seinem
Bücherverzeichnis vom Jahre 1467 finden wir eine
ganze Abteilung, die den Fragen des Kreuzzuges
und des Orients gewidmet ist (rubrique Oultre-mer),
darunter eine große Anzahl verschiedener gereimter
und prosaischer Bearbeitungen der Chansons de
Croisades sowie die Geschichte vom Chevalier au
cygne13). Die letztere gehört unzertrennbar diesem
Zyklus an, da der Schwanritter in diesen Liedern
als Großvater Gottfrieds de Bouillon und Baudouins
de Jerusalem (erster Kreuzzug) besungen wird.

Die von Barrois veröffentlichten Bücherver-
zeichnisse Philipps des Guten weisen neben dem
Zyklus der Kreuzzugslieder und den Handschriften
betreffend den Chevalier au cygne auch zahlreiche,
gereimte und prosaische Bearbeitungen der Ge-
schichte Godefroids de Bouillon auf14). Auch in
jenen Werken wurde der Schwanritter als Groß-
vater des letzteren gewiß erwähnt und besungen.
Der Reihenfolge nach folgt die Geschichte Godfrieds
unmittelbar nach der des Schwanritters, beide werden
als ein Ganzes behandelt15); in einer aus derselben
Librairie stammenden, „livre de Godefroi de Bouil-
lon“ betitelten Handschrift fand A. Krüger auch die
Geschichte des Schwanritters16).

10) Becker, 1. c. S. 136.

11) Ein burgundischer ecuyer heißt Girart de Rous-
sillon (Doütrepont, nach Paui. Meyer, S. 105).

12) Doütrepont S. 106—117, 236—238, 244—265,

512—515-

13) Ibidem XXXVIII. Vgl. auch S. 10, 242 — 243,
409, und speziell über Chevalier au cygne S. 20—22, 65.

14) Barrois, Bibliotheque protypographique. Paris,
Crapelet, 1830. Nr.261,561, 1451—1455, 1772—1774,2088,
speziell betreffend Chevalier au cygne Nr. 1347, 1386, 1797.

15) Doütrepont S. 20—22, 65, 483.

10) Romania XXVIII, p. 425.
 
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