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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

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Ilg, Albert: Das Spielbrett von Hans Kels
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https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0087
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Das Spielbrett von Hans Kcls.

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neben seinem Bruder, aber in gleicher Richtung und Profilstellung, erscheint. Die beiden Vorderen legen
die Arme auf eine aus Brettern errichtete, mit einem gemusterten Teppich behangene Brüstung. Ueber der
Gruppe, gerade ober dem Haupte Ferdinands, schwebt eine Krone mit der Vliesskette zwischen denHercules-
säulen, neben welchen die Worte PLVS OVLTRE eingeschnitten sind.

Kaiser Maximilian ist bejahrt, als stattlicher, ziemlich beleibter Mann aufgefasst, das über der Stirne
kurzgeschorene Haar fällt seitlich in schlichten Wellen hernieder, auf dem Kopfe sitzt das grosse, zur Hut-
form erweiterte, mit Pelz besetzte Baret. Die
Schaube hat einen sehr breiten Pelzkragen, darüber
die Vliesskette, die über die Brust gelegten Arme
stecken in weiten Aermeln von Brocatstoff. Die
auf der Brüstung ruhende Linke hält einen Zehent-
ner mit grossem, durchbrochenen, augenschein-
lich in Filigran ausgeführten Knopf, während der
Zeigefinger der andern Hand nach links aus der
Bildfläche hinausdeutet.

Kaiser Karls Costüm ist reicher und mo-
derner, halb schon der spanischen, halb noch der
deutschen Landsknechtmode entsprechend. Auf
dem kurzgekrausten Haar trägt der Fürst ein
kleines tellerförmiges Baretlein ohne Krämpe, das
Gesicht ziert ein Kinn-, Schnurr- und Backenbart.
Den Hals umschliesst eine kurze in punto-tirato-
Technik ausgeführte Krause, das kurze Mäntel-
chen, vorne offen, hat mächtige und gebauschte,
geschlitzte Aermel bis zum Ellbogen, unter wel-
chen dann engere Vorderärmel bis zur Manchette
an der Handwurzel reichen. Auf der Brust hängt das Vliess am Bande. Die mit Ringen geschmückten
Hände liegen beide auf dem Teppich, die Rechte hält zugleich ein grosses, mit kurzen Fransen be-
setztes Fazoleto.

König Ferdinand trägt schlichtes Haar, welches die Ohren ganz bedeckt, über der Stirne aber kurz
abgeschnitten ist, darauf einen flachen Hut. Die erhobene Linke deutet gegen Karl hin. Sein Costüm
gleicht, soweit die theilvveise verdeckte Büste sichtbar ist, dem Karls, nur dass der Brustlatz, welcher dort
bis zum Halse aufsteigt, hier das feingefältelte Hemd sehen lässt. Vliessorden wie dort. Solche Darstellungen
des alten Kaisers im Verein mit seinen Enkeln wurden noch lange nach seinem Tode, selbst noch unter
Rudolph II. gemacht. Vgl. Aehnliches bei Herrgott, Nummotheca, II, tab. III, Nr. XXXVI.

Vergleicht man dieses mit der höchsten Delicatesse, über alle Begriffe minutiös und zart durchgeführte
Schnitzwerk mit den feinsten Partien des Spielbrettes, so kann kein Zweifel obwalten, dass der künstlerische
Urheber in beiden Fällen derselbe ist. Ergibt sich dieser Schluss im Allgemeinen aus Gründen der tech-
nischen Behandlung, der Auffassung etc., so liegen auch einzelne Umstände zur Kräftigung desselben vor.
In den Costümen begegnen dieselben Eigenthümlichkeiten auch im kleinsten Detail; man sehe die eckig
ausgeschnittenen Pelzkrägen, die dichtfaltigen Hemden, die technische Durchführung des schlichten Haares,
der Ordensketten, der behaarten Hutkrämpen u. s. w. Die Krone zwischen den zwei Säulen ist jener auf
der Tafel Karls V. des Brettes gewohnheitsgemäss nachgeformt, ebenso die gegliederten Säulenschäfte.
Endlich ein äusserer, aber ganz entscheidender Beweis: das textile Muster des Teppichs auf der Brüstung
im Medaillon stimmt überein mit demjenigen Teppichmuster, wie es der Spielstein 6 mit der Darstellung
der Cleopatra enthält. Auch der Fransenbesatz ist der nämliche. Wenn daher Joseph Arneth1 der Meinung

1 Monum. des k. k. Münz- und Antikencabinets, Wien 1858, p. 84, mit Abbildung auf Taf. I, 128. Siehe auch Jahrbücher
der Lit, Anz.-Bl., 1838.
 
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