Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

DOI article:
Ilg, Albert: Das Spielbrett von Hans Kels
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0088
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
7o

Dr. Albert Hg.

ist, das Medaillon übertreffe an Feinheit die Bildwerke des Spielbrettes, so ist dies wohl insofern wahr, als
dort das gegenständlich Verwandte, die Porträts minder delicat durchgeführt erscheinen; hier hat sich Kels
theilweise eines Gehilfen bedient. Dagegen hat Arneth nicht bemerkt, dass die herrlichsten Partien des
Brettes, besonders die Steine, unverkennbar von derselben Hand gefertigt sind wie jenes Medaillon.

Als Kunstwerk betrachtet, nimmt das Spielbrett eine ganz einzige Stellung ein. Auf dem Felde der
Holzschnitzerei lässt sich ihm unter den erhaltenen Arbeiten der Renaissance in Deutschland nichts an die
Seite stellen, denn die gleichfalls im kaiserlichen Besitze befindlichen grossartigen Schnitzwerke des
Alexander Collin unterscheiden sich in Stil und Reliefbehandlung zu sehr, als dass sie herbeigezogen
werden könnten. Dagegen bekunden die in den Museen verschiedentlich vorkommenden Reliefs aus Kehl-
heimerstein, deren Urheber stets süddeutsche Künstler waren, grosse Verwandtschaft mit Hans Kels' herrlichen
Holzgebilden, wie ich denn auch gar nicht zweifle, dass er in genanntem Materiale ebenfalls gearbeitet
haben wird. In jene Gruppe stilistisch verwandter Werke gehören die zahlreichen Reliefs, welche mit dem
Monogramm H • D versehen sind und in der Regel einem sehr dubiosen Meister, Hans Dollinger, zugewiesen
werden. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass auf solchen Reliefs von Kehlheimerstein die Erscheinung
der drei Göttinnen vor dem sterbenden Paris in der naiven, auf den Holzschnitt des Granach zurückführenden
Auffassung ein besonders beliebtes Sujet bildet, genau so mit Anwendung der zeitgenössischen Tracht und
Bewaffnung, wie Kels bei seinen classischen Gegenständen vorgeht. Auf der Pferdedecke im Bilde Ferdi-
nands begegnet dieselbe Composition auch bei Kels ganz übereinstimmend, wobei auch Mercur als bärtiger
Greis und das Pferd im Hintergrunde nicht fehlen. Diese, gewöhnlich irrthümlich das Parisurtheil genannte
Composition entspricht dem bekannten Blatte des Cranach aus dem Jahre i5o8,1 aber es ist ganz sicher,
dass unser Künstler das Vorbild nicht diesem, sondern der Copie von der Gegenseite von Hieronymus
Hopfer verdankt. Zwei sehr übereinstimmende Reliefs desselben Materials und gleicher Vorstellung be-
finden sich in den kaiserlichen Sammlungen, das eine mit H • D, das andere B • G 1538 bezeichnet.2 Ferner
gehören hieher die nicht seltenen Porträte Karls V. und Ferdinands I. aus Solenhofner- oder Kehlheimerstein
in derselben Sammlung.,3 in Berlin u. a. O.

Ganz besonders deutlich gemahnt indess an die Hand unsers Meisters ein Relief dieses Materials,
welches 1527 verfertigt wurde und die Begegnung der beiden erlauchten Brüder vorstellt. Es war gewiss
gleichfalls einst in kaiserlichem Besitz, da es Herrgott abbildet.4 Als es dann im Jahre i852—1863
C. Becker und J. H. von Hefner-Alteneck in ihre «Kunstwerke und Geräthschaften des Mittelalters
und der Renaissance» aufnahmen,5 gehörte es dem verstorbenen Professor Döbner in Meiningen, wurde
für jenes Werk aber nach einem Gypsabguss copirt, der sich im Besitz der Familie Sattler auf Schloss
Mainberg bei Schweinfurt befand. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass wir in dem schönen Bilde eine
weitere Arbeit Hans Kels' vor uns haben.

Technische Behandlung, Costüm und porträtmässige Auffassung gleichen ganz diesen Momenten in
dem Bilderschmuck unseres Brettes, überdies stimmt die Idee der Zusammenstellung beider berittener
Fürsten vollständig. Ihre Pferderüstung ist bis selbst auf die Streifbuckel hier und dort höchst ähnlich,
und wenn auch die Sturmhauben dort die Stelle der Hüte vertreten, so begegnen diese letzteren Kopf-
bedeckungen doch wieder genau so auf dem Medaillon von 1540. — In anderem Betrachte erinnern an Kels
ausserordentlich jene sechs 21X21 grosse Plättchen aus Solenhofnerstein im königlich bairischen National-
museum, auf welchen Wilhelms IV. von Baiern Gemahlin, Jacobaea von Baden (gest. i58o), und fünf
ihrer Wappen, nämlich Mailand, Lothringen, Braunschweig, Sicilien und Katzenellenbogen, dargestellt sind.
Jeden Schild hält ein nacktes oder sehr wenig verhülltes Weiblein, ganz von dem drallen, üppigen Wesen
unserer Cleopatra, Dido, Leda etc., sowie auch die Anordnung im Kreise, der Faltenwurf, die Buchstaben

1 J. Heller, L. Cranachs Leben und Werke, Nürnberg 1854, 2. Aufl., p. 209, Nr. 256. Dass diese Darstellung auch als
die Geschichte des Wilhelm von Albonack in Anspruch genommen wird, ist bekannt, jedoch für unsern Gegenstand gleichgiltig.

2 Führer durch die k. k. Ambraser Sammlung, 2. Auflage, Wien 1882, p. 109, Nr. 364, 368.

3 Daselbst, Nr. 362, 363.

4 Pinakotheka prineipum Austriae (tom. III et IV der Monum.) 1773, pars I, tab. 47 et pars posterior p. 180.

5 II. Bd., tom. 5o. Auch bei Eye & Falke, Kunst und Leben der Vorzeit, II, Taf. 36.
 
Annotationen