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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

DOI Artikel:
Chmelarz, Eduard: Das Diurnale oder Gebetbuch des Kaisers Maximilian I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0109
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Das Diurnale oder Gebetbuch des Kaisers Maximilian I,

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sehen Officin in München, und neuestens (ebenfalls 1883) hat Georg Hirth die sämmtlichen Randzeich-
nungen des Münchner Exemplars, also Dürer's und Cranach's, in phototypischer Nachbildung ohne Text
veröffentlicht.

Die Beschreibung des Druckwerkes nach Seitenzahl, nach den Lagen zu je 3 Bogen gleich 6 Seiten,
ferner nach den Typen des Textes in ihrem Bezug zu den Typen des Theuerdank vom Jahre 1 5 17 ist bei
Stöger vollständig zutreffend. Auch seiner Ansicht, dass der Kaiser sein Gebetbuch nicht blos als Probe-
druck für den Theuerdank betrachtete, vielmehr mit aller Sorgfalt und Liebe und mit möglichster Pracht
ausgestattet haben wollte, schliesse ich mich vollständig an. Desgleichen theile ich seine Meinung, dass
Maximilian selbst die Gebete und Psalmen ausgewählt, geordnet, theilweise vielleicht sogar selbst bearbeitet
habe. Mindestens wurde, wenn die Arbeit von einem Andern geschah, dieselbe mit bestimmter Rücksicht
auf die Person des Kaisers gemacht. Von den verschiedenen Stellen des Textes, welche zum Beweise dafür
anzuführen wären, genüge folgende auf p. 26 v.: O conditor celi et terre. Rex regum et dominus domi-
nantium. Qui me exiguam creaturam tuam: vt populo tuo preessem ex nihilo constituisti — sowie eine
zweite, wo um Hilfe gegen zahlreiche mächtige Feinde gefleht wird, als Ausdruck demüthiger Unterordnung
eines irdischen Herrschers unter den König der Könige. Nur dass Maximilian, stets reich an Plänen für
künstlerische Unternehmungen, den Meister Dürer von der Vollendung der Randzeichnungen selbst abge-
halten, ihn veranlasst habe, die Arbeit liegen zu lassen, um für Anderes, Neues freie Hand zu bekommen,
das dürfte kaum zutreffen, und ich glaube im Folgenden unterstützende Gründe für eine andere Auf-
fassung beibringen zu können.

Auch bei Heller: Das Leben und die Werke Albrecht Dürer's, Bd. II, 1. Abth., p. 5o ff., ist der
typographische Theil des Buches eingehend beschrieben, und für die genaue Analyse des Inhaltes nach
dem Josch'schen, beziehungsweise Londoner Exemplar sei der Kürze halber gleichfalls dorthin ver-
wiesen. In der Numerirung der Seiten ist daselbst ein Druckfehler: 154 in 156 zu corrigiren.

Inwieweit das früher Firmin-Didot'sche Exemplar complet ist, kann ich leider nicht aus
eigener Anschauung angeben. Der Katalog dieser herrlichen Sammlung für die Vente des Jahres 1879
führt im ersten Bande das Diurnale unter Nr. 148 mit der vollständigen Anzahl von 1 57 Blättern an. Aber
das genügt uns nach der traurigen Entdeckung, die wir bei unserem Exemplar in der k. k. Hofbibliothek
machen mussten, nicht mehr zur Ueberzeugung von der Vollständigkeit. Wir freuten uns nämlich bisher
auch des stolzen Bewusstseins, ein completes Exemplar dieses Musterdruckes zu besitzen. Dieser schöne
Wahn wurde durch die genaue Untersuchung leider zerstört.

Das Wiener Exemplar.

Dasselbe kam aus der Fugger'schen Bibliothek in die Hofbibliothek. Es ist ein schöner rother Schaf-
lederband mit Goldpressung, im oberen Theile mit den Initialen des früheren Besitzers E. F., weiter unten
mit der Jahreszahl MDLXVII. Es besteht gleichfalls wie das Londoner Exemplar aus Lagen zu 3 Bogen
gleich 6 Blatt Pergament mit Ausnahme der vierten, welche blos vier Blatt enthält. Blatt 1 und 2 sind
leer, das erste mit recto auf den Buchdeckel aufgeklebt, und ohne besonderen Titel beginnt der Text auf
dem dritten Blatte recto: Oratio ad suum ,ppriu angelu. Der Band enthält wie das vollständige Exemplar
zu London, das wir der Kürze halber hinfort das Normalexemplar nennen wollen, 157 bedruckte
Blätter mit je 14 Zeilen auf einer Seite, ohne Custoden und Signaturen, von späterer Hand mit Bleistift
1 —157 foliirt. Auf i57r. ist die Schlussschrift: Joannes Schonsperger. Cijuis Augustanus imprime'bat.
Anno Salutis MDXIIIJ. II] Kalendas Ja|nuarij. Dies auf dem fünften Blatte der letzten Lage; die nächsten
Seiten ganz leer, die letzte wieder an den Buchdeckel geklebt. Höhe 188: 268 Mm.

Nun hat sich herausgestellt, dass uns die Blätter 81—86 des Normalexemplars, also eine volle Lage,
fehlen. Das Unglück, wie wir diesen Ausfall wohl bezeichnen dürfen, geschah durch Flüchtigkeit beim
Ordnen der Lagen. Weil zufällig das letzte Wort des Bl. 80 ziemlich gut in die Construction des ersten
Satzes auf fol. 87 hineinpasst, so übersah man das Fehlen von Bl. 81—86. Dass gleichwohl die Blattzahl in
 
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