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Maximilian <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, I.>; Laschitzer, Simon [Hrsg.]; Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien): Der Theuerdank: durch photolithographische Hochätzung hergestellte Facsimile-Reproduction nach der ersten Auflage vom Jahre 1517 — Wien, 8.1888

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II. Die handschriftlichen Überlieferungen des Theuerdank
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https://doi.org/10.11588/diglit.5588#0069
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Nürnberg, wie sie uns im Drucke vorliegt, kann frühestens erst nach der Mitte des Jahres 1514, nach dem
Abschluss der Marx Treytzsaurwein'schen Redaction, in Angriff genommen worden sein.

Der Theuerdank war ursprünglich nicht als ein selbstständiges Werk, sondern als ein integrirenderTheil
des Weisskunig geplant. Die ersten Vorarbeiten dürften darum wohl auch in Prosa ausgeführt worden sein.

Der Kaiser Maximilian I. selbst war der Hauptredacteur des Gedichtes. Er selbst gab den Inhalt der
einzelnen Capitelan, und zwar nicht blos jener, in welchen seine verschiedenen Abenteuer erzählt werden,
sondern auch jener, welche das Gedicht nur didaktisch und mystisch ausschmücken. Die diesbezüglichen
Entwürfe zeichnete er entweder selbst auf oder dictirte sie seinen Secretären in die Feder. Ohne seine
Zustimmung ist gewiss kein Vers des Gedichtes und keine Illustration zum Drucke befördert worden.
Schliesslich war es er selbst auch, der die Reihenfolge der einzelnen Capitel bestimmte. Kurz auf Kaiser
Maximilian I. geht sowohl die Idee als auch der ganze Plan und die Anordnung des Gedichtes nicht blos
im Grossen und Ganzen, sondern auch in allen Details zurück.

Dass der Kaiser selbst aber auch an der textlichen Ausführung durch Versificirung des einen oder
anderen Capitels einen persönlichen Antheil hätte, ist durch nichts zu erweisen. Dafür liegt nicht der
geringste Anhaltspunkt vor. Die textliche Ausarbeitung, die Versificirung des Gedichtes, war vielmehr
Sache der Mitarbeiter an den verschiedenen Werken des Kaisers, deren Anzahl keine geringe gewesen zu
sein scheint. Ihnen kam es zu, seine Ideen und Pläne in das richtige textliche Gewand zu kleiden, sie
hatten die Versificirung seiner Prosaentwürfe, seiner Dictate und mündlichen Angaben auszuführen. Ihre
Arbeiten legten sie dann dem Kaiser wieder vor, über die er nun allein oder in Gemeinschaft mit seinen
anderen gelehrten Mitarbeitern, namentlich auch mit Stabius, seine Beschlüsse fasste, sie acceptirte und
corrigirte oder verwarf.

Ausser der letzten Ausarbeitung durch Melchior Pfinzing, welche vom Kaiser approbirt, schliesslich
zum Drucke gelangt war, sind sicher noch zwei einheitliche textliche Zusammenfassungen des ganzen
Gedichtes ausgearbeitet worden. Ueber die ältere derselben sind wir nur durch eine urkundliche Nachricht
unterrichtet. Der Kaiser hatte sie seinem Silberkämmerer Siegmund von Dietrichstein anvertraut. Man kann
diesen ganz bestimmt als den Verfasser und wirklichen Ausarbeiter einer gewissen Redaction der Texte
ansehen, die er im Jahre 1512 durchgeführt hatte. Nur vermuthungsweise kann man annehmen, dass sich
uns in dem Codex Nr. 2889 ein Theil derselben erhalten hat. Sicher aber hat der Geheimsecretär des
Kaisers, Marx Treytzsaurwein, dem später eine Gesammtzusammenfassung des Gedichtes aufgetragen
worden war, die sämmtlichen, bis dahin gemachten Vorarbeiten, also jedenfalls auch die Dietrichstein'schen,
benützt, so dass Theile davon in den beiden von ihm ausgearbeiteten Codices Nr. 2867 und 2806 gewiss
enthalten sind. Doch sind wir gegenwärtig nicht in der Lage, ihre Antheile genau zu scheiden.

Von der MarxTreytzsaurwein'schen Redaction, die sicherlich zu einer einheitlichenReinschriftdes ganzen
Gedichtes geführt hatte, ist uns nur mehr das Concept eines grossen Theiles des Gedichtes in dem Codex
Nr. 2806 erhalten. Den Abschluss derselben kann man ungefähr um die Mitte des Jahres 014 ansetzen.

Marx Treytzsaurwein's Thätigkeit scheint sich nicht so sehr auf die Abfassung der Texte ganzer
Capitel erstreckt zu haben, als vielmehr nur auf eine etwas weitergehende redactionelle Ausgleichung der
ihm zugewiesenen Vorarbeiten und auf eine einheitliche Zusammenfassung derselben.

Nur eine ähnliche, vielleicht etwas weitergehende Thätigkeit, wie sie dem Marx Treytzsaurwein zukam,
kann man dem Redacteur der endgiltigen Fassung des Theuerdank, dem Probst Melchior Pfinzing, zu-
messen. Als eigentlicher Verfasser des ganzen Gedichtes ist er auf keinen Fall anzusehen, denn in der
Composition und Anlage musste er sich nach den Angaben des Kaisers richten, für die textliche Aus-
gestaltung aber lag ihm das Gedicht mit Ausnahme von vielleicht nur wenigen Capiteln bereits in mehr-
fachen Fassungen und Ausarbeitungen vor. Dass er nun von diesen manche Capitel einfach nur mit
Anbringung ganz geringer textlicher Retouchen in seine Ausarbeitung mit herübergenommen hat, geht
schon aus einem Vergleich seiner Fassung im Drucke mit dem uns noch erhaltenen Fragmenten der Vor-
arbeiten hervor. Hingegen erscheinen wieder andere Capitel textlich völlig umgearbeitet. Da es nun durch-
aus nicht nothwendig und ausgemacht ist, dass ihm bei seinen Arbeiten nur die drei uns noch erhaltenen
Codices vorgelegen seien, sondern da er vielmehr höchst wahrscheinlich nicht diese Concepte der Marx
 
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