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Maximilian <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, I.>; Laschitzer, Simon [Hrsg.]; Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien): Der Theuerdank: durch photolithographische Hochätzung hergestellte Facsimile-Reproduction nach der ersten Auflage vom Jahre 1517 — Wien, 8.1888

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III. Die Holzschnitte des Theuerdank
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https://doi.org/10.11588/diglit.5588#0108
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Gegentheil: Hans Burgkmair hat es verstanden, sie in solcher Weise anzuordnen und darzustellen, dass sie
fast überall harmonisch in die Darstellung hineincomponirt erscheinen. Dann sind seine Blätter fast durch-
gängig mit gleichmässiger Sorgfalt gezeichnet. Man kann in dieser Beziehung nur höchst geringe Nuancen
wahrnehmen. Kurz und gut, die Burgkmair'schen Darstellungen zeichnen sich durch einen hohen künst-
lerischen Werth aus und müssen besonders wegen ihrer Klarheit und der Schärfe der Zeichnung zu seinen
besten Holzschnittblättern überhaupt gezählt werden.

Etwas tiefer stehen die Schäufelein'schen Darstellungen. Am gelungensten sind darunter noch die
figuralen Compositionen mit Interieurs. Da ist die Perspective gut, die Personen sind den Situationen
gemäss bewegt und Alles, auch die architektonische Umgebung fast ausnahmslos correct und in den rich-
tigen Massverhältnissen gezeichnet. Nicht dasselbe kann man von allen Darstellungen mit landschaftlichen
Hintergründen sagen. Da trifft man neben ganz gut gelungenen, wie z. B. Nr. 21, sogar auch ziemlich
schlechte, die sowohl perspectivisch als auch in den Massverhältnissen mehr oder weniger misslungen er-
scheinen. Besonders sind die Personen in den Vorder- und Hintergründen perspectivisch nicht richtig pro-
portionirt. Man vergleiche z. B. die Nummern 3o, 48 und 69. Ebenso erscheinen in den Schiffsdarstellungen
die Personen gegen die Schiffe meistens zu gross, besonders auffallend ist in dieser Beziehung Nr. 58. In
Bezug auf die Sorgfalt und Gleichmässigkeit in der Ausführung der Zeichnungen treten auch bei Hans
Schaufelein merkliche Unterschiede nicht hervor. Doch vermisst man in manchen Blättern jene Harmonie,
durch die sich die Burgkmair'schen Darstellungen auszeichnen. Trotzdem muss man, im Grossen und
Ganzen genommen, den Schäufelein'schen Blättern mit wenigen Ausnahmen noch immer einen bedeu-
tenden künstlerischen Werth beimessen.

Was nun den Hauptmeister der Theuerdank-Holzschnitte, den Zeichner Leonhard Beck, anbelangt,
so fällt an seinen Blättern vor Allem eine grosse Ungleichmässigkeit auf, die sich auf Alles und Jedes er-
streckt. Neben ganz vorzüglich gelungenen, harmonischen Darstellungen treffen wir auf in jeder Beziehung
misslungene. Neben sorgfältigen und correcten Zeichnungen finden sich flüchtige und unrichtige. Neben
Landschaftsdarstellungen mit gut durchgeführter Perspective stehen perspectivisch total verfehlte und so
fort. Von einem Umstand, der bei den Leonhard Beck'schen Holzschnitten ganz besonders ins Gewicht
fällt, sehe ich hier ab. Ich meine die Verschiedenheit, die auf die verschiedenen Holzschneider zurück-
zuführen ist. Ich habe davon bereits oben ausführlicher gesprochen. Am gelungensten sind auch bei
Leonhard Beck gleichwie bei Hans Schäufelein die figuralen Compositionen mit architektonischen Hinter-
gründen. Die Personen sind da ganz gut gruppirt und gewöhnlich den Situationen entsprechend bewegt
und stehen zur Umgebung in richtigen Massverhältnissen. Auch bringen sie fast ausnahmslos eine ziemlich
harmonische Gesammtwirkung hervor. Ein eigentlich verfehltes Blatt könnte ich unter diesen figuralen
Compositionen nicht anführen. Ihnen zunächst stehen die meisten Blätter mit Darstellungen von Kämpfen
zu Pferd und zu Fuss, mit Ausnahme von ein paar Darstellungen, wie z. B. Nr. 104, wo die beiden Kämpfer
allzu gross erscheinen, oder Nr. 81, wo das Pferd mit dem Theuerdank gegen das ihn umgebende Fuss-
volk viel zu klein gerathen ist. Gegen diese Blätter erscheinen die Darstellungen mit landschaftlichen Hinter-
gründen im Allgemeinen viel schlechter. Wie unrichtig ist da manchmal die Perspective durchgeführt,
wie total verfehlt erscheinen öfters die Massverhältnisse zwischen den Personen und Gegenständen in den
Vorder- und Hintergründen! Wie viel zu klein z. B. ist in Nr. 64 das Schloss im Vordergrunde im Ver-
hältniss zum Schiffe und den darin befindlichen Personen, oder wie viel zu gross ist in Nr. 88 die Figur
des Theuerdank im Verhältniss zum Gebäude, in dem er sich befindet! Ganz besonders misslungen ist aber
die Darstellung Nr. 95. Das Häuschen im Vordergrunde ist lächerlich klein, die Gestalt des Theuerdank
im Hintergrunde im Verhältniss zur Umgebung lächerlich gross. Schlecht in den Massverhältnissen ist
dann unter Anderem auch die Nr. 112. Wer sollte ferner aus der Darstellung in Nr. 33 herausfinden, dass
da Theuerdank mit seinem Pferde von einem acht Klafter hohen Hügel abfällt? Und ganz dieselbe Be-
wandtniss hat es auch mit dem Blatte Nr. 51. Endlich hebe ich beispielsweise noch die Nummern 3, 37,
53, 55, 59 u. s. w. hervor, die entweder in der Perspective oder in den Massverhältnissen verzeichnet sind.
Wenn man dagegen die perspectivisch tadellosen und in den Massverhältnissen vollkommen richtigen Dar-
stellungen in den Nummern 29, 35, 41, 75, 77 u. s. w. betrachtet, so erscheint es fast unerklärlich, wie ein

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