Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0069
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof.

59

die Medaille auf Don Philipp zu entwerfen;' denn erst in jenem Jahre ging er zu Medaillen von
grösserem Durchmesser Über; jene des Martin de Hanna ist aber die grösste, die er bis dahin geliefert.
Seinen abermaligen Aufenthalt in Venedig 1546 bezeugt die zweite Medaille auf Pietro Aretino, die
auch schon grösser ausfiel (60 Mm.) und den bekannten Revers »Veritas odium park« mit den Figuren
der Veritas, des Odium und eines Genius zeigt. Zwischen die Jahre 1544 und 1546 fallen die verschollene
Schaumünze auf den Dichter Molza und jene auf Alfonso d'Avalos und seine Gemahlin Maria de
Aragon (46 Mm.).2

Alle bisher angeführten älteren Arbeiten Leone's zeigen noch starke Anklänge an die Art der
oberitalischen Medailleure aus dem ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts, zumal auf den Rückseiten.
Seine Figuren gerathen klein und gedrungen, namentlich die männlichen, die an den langen Leibern,
dicken Armen und kurzen Beinen kenntlich sind. Auch in späterer Zeit behalten sie im Wesentlichen
diesen Charakter bei. Die Composition der Medaillenbilder ist völlig frei, wenn auch die Motive nicht
durchaus selbstständig erfunden sondern schon vorhandenen Mustern entlehnt sein mögen; in ihrer
Anordnung aber herrscht eine gewisse Ungebundenheit von eigenthümlicher interessanter Wirkung,
indem sie, unbekümmert um das Gesetz der Raumausfüllung, bald die obere Hälfte des Feldes, bald die
eine oder'andere Seite freilässt, ohne den Eindruck der Leere hervorzubringen.3 Die Brustbilder end-
lich sind in der älteren Zeit frischer, unbefangener und feuriger wiedergegeben als in seinen späteren
Werken.

In Letzteren wird eine Veränderung bemerkbar, welche zunächst als die Rückwirkung der äusseren
Verhältnisse des Künstlers aufzufassen ist, wie sie durch die Berufung als Bildhauer des Kaisers Karl V.
sich gestalteten.

Im Jahre 1546 war Leone im Dienste Pierluigi's Farnese an die Münze von Piacenza berufen
worden, was die Eifersucht Don Ferrante's von Gonzaga, der Statthalter des Kaisers in Mailand war,
erregte. Schon nach der politischen Lage ein Feind des Herzogs von Parma und zugleich ein treuer
Gönner Leone's, suchte Jener Diesen seinem neuen Herrn abtrünnig zu machen und ihn aus den engen
Verhältnissen der kleinen italienischen Höfe in die weit grossartigeren des kaiserlichen Hofes zu bringen,
in welchen sein Talent alle Bedingungen einer grösseren Entfaltung finden musste. Die Handhabe bot
bekanntlich Ferrante's Project, dem Kaiser ein Denkmal in Mailand aufzurichten, als welches Leone
auf des Ersteren Aufforderung eine lebensgrosse bronzene Reiterstatue Karl V. vorschlug.* Den darauf
bezüglichen Brief Leone's sandte Ferrante an den Bischof von Arras, Anton Perrenot de Granvela, einen
Sohn des Kanzlers des Kaisers Nicolaus Perrenot und seit 1550 dessen Nachfolger in jenem hohen Amte.
Schon damals in grossem Ansehen bei der Umgebung Karl V. und bei diesem selbst, bot Anton Perre-
not, der aus der Zeit seiner Studien in Padua unseren Künstler kannte, diesem seine Vermittlung an.5
In der That hatte letztere Erfolg; noch vor November 1546 galt die Ernennung des Künstlers zum Bild-
hauer des Kaisers für sicher." Allein die Verwicklung der Angelegenheiten in Deutschland, der Schmal-
kaldner Krieg im Jahre 1547 und der darauf folgende Reichstag in Augsburg (1547 —1548) drängten
die Angelegenheit, welche Granvela keineswegs aus den Augen verlor, in den Hintergrund und erst,
als der Hof nach Flandern gegangen war und des Kaisers Sohn Don Philipp aus Spanien dahin berufen
wurde, erhielt Leone den Auftrag, sich dem Gefolge desselben in Mailand anzuschliessen und nach
Brüssel zu kommen, um sich dem Kaiser vorzustellen.

1 Vgl. hierüber A. Ilg in diesem Jahrbuch V (1887), S. 78.

2 Plön, pl. XXX, Fig. 5 und 6 nach dem Exemplare der kaiserlichen Sammlung, die auch ein zweites gelochtes
^ plar derselben Medaille (gegossen) besitzt. Eigenthümlicher Weise hat letzteres auf Vorder- und Rückseite zwar die

eilenlinien für die Umschriften eingravirt, letztere selbst aber fehlen,
j. ^° zur Tränke eilenden Rosse auf der Rückseite »Securitas temporum« zu den Medaillen des Papstes Paul III.,

oma und der Tiberis auf einer anderen Medaille desselben Papstes, die Wahrheit und der Hass auf der grösseren Me-
daille Aretin's.

4 Undatirter Brief Leone's an Ferrante Gonzaga, Plön, p. 37.

5 pIon, p. 39 und p. 353, Nr. 1

6 Ebenda, p. 41 f.
 
Annotationen