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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Augsburger Waffenschmiede, ihre Werke und ihre Beziehungen zum kaiserlichen und zu anderen Höfen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0230
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AUGSBURGER WAFFENSCHMIEDE,
IHRE WERKE UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM KAISERLICHEN

UND ZU ANDEREN HÖFEN.

Von

Wendelin Boeheim.

III. Anton Peffenhanser.

er Bedarf an Harnischen hatte sich von den letzten Decennicn des XV. Jahr-
hunderts an bis gegen die Mitte des XVI. Jahrhunderts in so erstaunlichem Masse
gesteigert, dass, obwohl sich die Plattnerwerkstätten allerorts mehrten, den An-
forderungen nirgends entsprochen werden konnte. Speciell in Mailand, Inns-
bruck, Nürnberg und Augsburg, jenen Städten, welche auf diesem Industriegebiete
einen verdienten Weltruf besassen, kam man gegenüber den massenhaften Auf-
trägen aus allen Ländern Europas und selbst aus dem Oriente zu öfteren Malen
derart ins Gedränge, dass sich die sonst jede Vermehrung der Meister und Gesellen energisch bekämpfen-
den Zünfte angesichts der Unmöglichkeit, den Ansprüchen auch nur entfernt zu genügen, Ansuchen
um Aufnahme als Meister oder als Geselle in den Zunftverband zuweilen entgegenkommender er-
wiesen. Unter diesen Verhältnissen, welche äusserlich als beispiellos günstig angesehen werden konnten,
hatte sich auch die Plattnerzunft in Augsburg vom Beginne des XVI. Jahrhunderts an mehr als vervier-
facht. Die überwiegende Mehrzahl der neuen Meister entstammte in der Regel aus dem zünftigen Alt-
gesellenstande; nicht wenige aber erscheinen als von anderen Städten eingewanderte Plattner; einige
traten aus der Zunft der Gold- und Silberschmiede in die der Platther über. Letzteres hatte seine beson-
deren Ursachen. Schon am Schlüsse des XV. Jahrhunderts zeigte sich, von Italien angeregt, auch in den
nördlichen Ländern das Bedürfniss nach Prunkharnischen, die weniger den Bedingungen einer ernsten
Schutzwaffe als dem Eindrucke der Vornehmheit und Pracht zu entsprechen hatten. Anfänglich regte
sich dieses Bedürfniss nur unter den Höchsten der Erde; es nahm aber bald derart überhand, dass
jeder wohlhabende Adelige es seiner Würde schuldig zu sein erachtete, wenigstens einen künstlerisch
reicher ausgestatteten Harnisch zu besitzen. Die zünftigen Plattner vom gewöhnlichen Schlage waren
nun in der Regel nicht fähig, derartigen Bestellungen zu entsprechen, die mit ihrer auf Massenbedarf
gerichteten Productionsweise im Widerspruche standen und auch vom geschäftlichen Gesichtspunkte
betrachtet die Mühe weniger lohnten. Wir finden daher wie in anderen Städten auch in Augsburg in
der Anfertigung von derlei künstlerisch reich ausgestatteten Harnischen von etwa 1520 an Gold- und
Silberschmiede thätig, wie man denn auch in den grösseren Waffensammlungen zahlreiche Prunk-
harnische erblicken kann, welche offenbar nicht von zünftig ausgebildeten Plattnern gefertigt worden
waren. Diese anfänglich unter die Störer des ehrsamen Handwerkes gezählten Kunstarbeiter gelangten
dennoch nach der Hand in den Zunftverband, zumal es ihnen nicht schwer fiel, ihr Meisterstück zu
allseitiger Befriedigung zu liefern. Ein Meister dieser professionellen Herkunft in Augsburg war Anton
Peffenhauser, der einer alten Silberschmiedfamilie angehört.
 
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