Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0112
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
92

Friedrich Kenner.

Zu Leone's Schülern dürfen wir in erster Linie seinen eigenen Sohn Pompeo und den oben ge-
nannten Jacopo Trezzo (geboren um 1520, f 1589) rechnen, der in der Medaille sehr bald sein Neben-
buhler wurde; von ihm scheint zu gelten, was Leone in einem Briefe an Granvela vom 16. October 1555
sagt, dass er ihm mehr als seinem eigenen Vater zu verdanken habe.1 In der That zeigen die Bildnisse
und die figuralen Darstellungen auf den Medaillen Pompeo's und Jacopo's unleugbare Verwandtschaft
mit Leone's Werken aus seiner Blüthezeit. Beide treten noch während derselben frühzeitig (1552) als
selbstständige Künstler auf und werden wenige Jahre später (1556) vom König Philipp II. in Dienst
genommen. Sie gehören also gewiss zu den ältesten Schülern unseres Meisters. Von den jüngeren Mai-
ländern kann mit Wahrscheinlichkeit Annibale Fontana (geboren 1540, -f 1587) hieher gerechnet
werden, von dem allerdings nur ein sicheres Werk, die Medaille auf Ferdinand Franz d'Avalos be-
kannt ist. Sie hat auf der Rückseite eine der Herculesfiguren (die Aepfel der Hesperiden sammelnd,
Umschrift »quamvis custodita dracone«),2 wie sie Leone in seinen späteren Medaillen vorzog, und ist
auch im Bildniss den Werken des Letzteren verwandt.

Es ist erklärlich, dass der Ruf und das Ansehen, dessen sich Leone erfreute, seit er für den kaiser-
lichen Hof arbeitete, einen grösseren Kreis aufstrebender Talente angezogen hat und seine virtuose Be-
handlung des Porträts von Jüngeren studirt und nachgeahmt wurde, ohne dass wir in der Lage wären,
mit voller Bestimmtheit ein Schulverhältniss nachzuweisen. Wir möchten hier nur auf eine Gruppe
oberitalischer Meister hinweisen, die um 1560 blühten und Bildnisse geliefert haben, welche sehr deut-
lich an die Art Leone's erinnern; es sind Signoretti und Ruspagiari, beide aus Reggio, und Bombarda
aus Cremona. Sie charakterisiren sich durch eine gemeinsame Eigenschaft, indem sie unter Anderem
bei 70 Mm. grosse einseitige Medaillen zumeist mit Frauenbildnissen ausführten, welche in antiker Ge-
wandung malerisch behandelt, ab und zu auch auf geschweifte Sockel gestellt sind, als ob sie nach voll-
runden Büsten gearbeitet wären, immer aber im Profile aufgenommen erscheinen und die eine Hand
sehen lassen. Andere ihrer Medaillen, wie jene Bombarda's auf Ferdinand Franz d'Avalos, sind ganz
in der Weise Leone's ausgeführt; ja Ersterer hat in einem seiner Werke den Mailänder Edelstein-
schneider Miseroni dargestellt3 und dadurch seine Verbindung mit dem Künstlerkreise in Mailand dar-
gethan. Ihnen reiht sich ein jüngerer Mailänder, Antonio Abondio der Jüngere (1538 bis 1591),
an; seine Medaillen, welche in Italien entstanden sind, also bevor er nach Wien berufen wurde, er-
weisen sich jenen der vorgenannten Meister sehr ähnlich, haben meist bei 70 Mm. Durchmesser, keine
Rückseiten und zeigen malerisch decorirte Büsten; seinen Anfängen nach steht er also den vorgenannten
Meistern sehr nahe. Auf die Mailänder Schule deutet auch seine wunderbare Technik, die vorzüglich
auf den am Wiener Hofe gearbeiteten Medaillen glänzend hervortritt und nur in der Schule Leone's
oder Trezzo's erlangt werden konnte. Da er im Jahre 1572 eine Bildnissmedaille auf letzteren her-
stellte, wird ein näheres Verhältniss zwischen beiden angenommen werden können; daraus würde sich
weiter erklären, dass Abondio auch in der figuralen Composition Vorzügliches geleistet hat.

Nicht minder wird man Alessandro Vittoria (geboren in Trient 1525, gestorben in Venedig 1608)
hieher rechnen dürfen. Die örtliche Lage des Geburtsortes, in der Madruzzo so einflussreich war, die
Verbindung desselben mit dem älteren Abondio und das Verhältniss der Familie des Letzteren zur
Stadt Trient + mögen dazu mitgewirkt haben, dass Vittoria in die Mailänder Schule eingeführt wurde.
Endlich wird der noch unbekannte, mit F. V. zeichnende Medailleur durch die Verwandtschaft seines
Werkes auf Eduard Guimarens mit den Arbeiten aus Leone's Schule gleichfalls in diese Reihe gewiesen.

' Plön, p. 375; Armand III, p. 115, a).
2 Armand I, 253, 1.
,3 Armand III, 96, F.

1 Oer jüngere Abondio scheint sich längere Zeit in Trient aufgehalten zu haben, da sich sein Solln Alexander (der
Jüngere) einen geborenen Tridentiner nennt; das Geburtsjahr des Letzteren ist nicht bekannt, dürfte aber zwischen 156.3 und
1568 fallen. Vgl. A. Ilg in den Mittheilungen der k. k. Central-Commission für Kunst- und historische Denkmäler, Neue
Folge II (1876), S. 73 f.
 
Annotationen