Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

DOI issue:
I. Theil: Abhandlungen
DOI article:
Riegl, Alois: Ältere orientalische Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0304
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
268

Alois Riegl.

übrigbleibenden dreizehn sind auf den Tafeln XVI—XXIX theils vollständig, theils wo es der immer
wiederkehrende Rapport gestattete, ausschnittweise reproducirt. Mit Ausnahme von zwei in Buntdruck
(Chromophototypie von Angerer & Göschl) gehaltenen Tafeln sind sämmtliche Teppichbilder mittelst
Heliogravüre (von Victor Angerer und Josef Blechinger) hergestellt. Bei der Wahl der beiden in Farben-
druck zu reproducirenden Teppiche durfte man sich nicht allein durch den Massstab des grössten
künstlerischen Werthes leiten lassen sondern musste auch auf die Eignung zu einer möglichst treuen
Wiedergabe der farbigen Erscheinung, auf das Format des Jahrbuchs, endlich auf anderweitige im
Zuge befindliche Publicationen orientalischer Teppiche Rücksicht genommen werden.

i. Der Jagdteppich.

Weitaus das meiste Interesse hat bisher von allen fünfzehn Teppichen der sogenannte Jagdteppich
(Inv. 114/ K. 3202) gefunden, von welchem auf Tafel XVI die Gesammtahsicht, auf Tafel XVII und
XVIII je eine Hälfte wiedergegeben erscheint. Dieses ganz besondere Interesse verdankt der Jagdteppich
in erster Linie jedenfalls seinem figürlichen Inhalt, und zwar nicht blos bei Laien, denen Menschen-
und Thierdarstellungen weit unmittelbarer verständlich und ansprechend erscheinen als etwa stilisirte
Blüthenranken, sondern auch bei Fachleuten, denen sich mit solchen Darstellungen eine an orientalischen
Teppichen überaus seltene Handhabe zur kunsthistorischen Bestimmung darbietet. Schon vor Jahren
war der Jagdteppich anlässlich einer zeitweiligen Ausstellung im Oesterreichischen Museum Gegenstand
allgemeiner Bewunderung, so dass die damalige Museumsdirection sich veranlasst fühlte, eine farbige
Copie des Teppiches durch Professor Sodoma anfertigen zu lassen, welche Copie gegenwärtig auf der
Bibliothek des Oesterreichischen Museums verwahrt wird. Zwei Blätter dieser Copie finden sich in
meinen »Altorientalischen Teppichen« (Leipzig, T. O. Weigel, 1891) unter Figur i3 und 14 in Schwarz-
druck wiedergegeben; auch die Figuren 1 und 2 dieser Abhandlung sind nach den Sodoma'schen Aqua-
rellen gefertigt. Das k. k. Handelsmuseum beabsichtigt eine farbige Reproduction des Teppichs in
grösserem Massstabe in der von ihm ins Werk gesetzten umfassenden Publication orientalischer Teppiche.

Der Jagdteppich misst 6-91 Meter in der Länge und 3'2i Meter in der Breite. Die Knüpfung ist
durchwegs in Seide hergestellt; einzelne Felder sind durch Gold und Silber ausgezeichnet, wobei die
Metallfäden überaus sorgfältig und dicht in die Kette eingewirkt erscheinen. Einer solchen Verbin-
dung der Wirkerei mit der Knüpfung begegnen wir nur an wenigen älteren Exemplaren, die auch
in ihrer ornamentalen Ausstattung deutlich den Charakter von Luxusteppichen zur Schau tragen. Hieher
gehören unter anderen K. 341 (des Fürsten Lobanow), K. 365 (des Baron Nathaniel Rothschild) und
K. 355 (des Grafen A. Enzenberg), wobei aber in diesen drei Fällen die Seide durch Wolle ersetzt ist.3

1 Nummer des Teppichinventars der Hofburgverwaltung.

2 Diese Nummer mit vorgesetztem K. bezieht sich auf die Katalognummer, unter welcher der Teppich im Kataloge
der Ausstellung orientalischer Teppiche im k. k. Handelsmuseum 1891 aufgeführt erscheint. Bei dem Umstände, als der
genannte Katalog das erste und bisher einzige Verzeichniss einer grösseren Anzahl älterer orientalischer Teppiche darstellt,
ist die Bezugnahme auf denselben unabweislich. Es werden daher nicht blos auch die übrigen in der Folge noch zu be-
sprechenden Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Hofes sondern auch in anderweitigem Besitze befindliche, zur
vergleichenden Betrachtung heranzuziehende Exemplare unter der bezüglichen Katalognummer citirt werden.

3 Die Zeichnung der Figuren tritt bei Anwendung von Wolle schärfer und deutlicher zu Tage als bei Verwendung
der schillernden Seide. Am Jagdteppich ist es besonders der lachsrothe Grund des Innenfeldes mit den jagenden Reitern, der
je nach dem Auffallen der Lichtstrahlen die ganze Tonreihe einerseits bis ins satte Roth, anderseits bis ins Silberweiss zeigt.
Naturgemäss ist ein solcher Glanz von Nachtheil für das deutliche Sichscheiden der Menschen- und Thierfiguren vom Grunde
und nach dieser Richtung würde der .Jagdteppich, wenn in Wolle ausgeführt, sicherlich noch gewinnen. Anderseits würde
man in diesem Falle freilich auf die ganze schillernde Pracht verzichten müssen, die den Teppich dem Beschauer so überaus
kostbar erscheinen lässt.
 
Annotationen