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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Ältere orientalische Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0307
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Aeltcre orientalische Teppiche.

269

Fast völlig übereinstimmend mit K. 355 ist endlich der »eastern rüg«, den V. Robinson auf der letzten
Tafel seiner »Eastern Carpets« zur Abbildung gebracht hat.

Eine vollendetere Vereinigung der beiden orientalischen Teppichtechniken, der Wirkerei und der
Knüpfung, sowie eine zweckmässigere Art der Einführung von Metallfäden in den Knüpfteppich als die-
jenige, die an den eben genannten Teppichen und insbesondere an unserem Jagdteppich zu beobachten
ist, lässt sich schlechterdings nicht denken. In dieser Beziehung steht die genannte Gruppe weit über den
beiden anderen Gruppen orientalischer Teppiche, die gleichfalls Metallfäden neben der Knüpfung ver-
wenden. Es sind dies einerseits die sogenannten Polenteppiche, von denen im weiteren Verlaufe dieser
Abhandlung bei Besprechung der im Allerhöchsten Besitze befindlichen Exemplare dieser Gattung die
Rede sein soll. Anderseits finden sich Metallfäden neben der Knüpfung verwendet bei einer Gruppe,
die man bisher mit dem Namen »Susandschird« zu bezeichnen pflegte. An den Teppichen dieser letz-
teren Art sind die dicken Metallfäden an die Kette angeschlungen und bilden eine gerunzelte, wie mit
Schnürchen belegte Oberfläche. Solche Teppiche wurden bisher nur in Chinesisch-Turkestan und in
China selbst nachgewiesen. Da sich aber das Wort »Susandschird« in den morgenländischen Schrift-
quellen des Mittelalters nach Professor Karabacek's Untersuchungen auf die vollkommensten Hervor-
bringungen der altpersischen Teppichkunst zu beziehen scheint, so habe ich (in den Mittheilungen des
Oesterreichischen Museums, Juniheft 1891, S. 3gi) vorgeschlagen, die in Rede stehende technische
Bezeichnung mit der erstgenannten Gruppe von altpersischen Teppichen in Verbindung zu bringen,
als deren vornehmster Repräsentant der Jagdteppich des Allerhöchsten Hofes gelten darf, zu dessen
Beschreibung wir nun übergehen.

Wir unterscheiden vor Allem (Taf. XVI) das gelblichroth grundirte Innenfeld und die von zwei
schmalen Säumen eingerahmte, dunkelroth grundirte Bordüre. Das Innenfeld wiederum lässt gleich-
falls sofort zwei verschiedene Elemente der Ornamentation erkennen: einerseits den mittleren Stern, dem
die vier Eckstücke als Vierteltheile desselben entsprechen, anderseits die zwischen Mittelstern und Ecken
sich verbreitende Füllung. In der heliographischen Wiedergabe springt der Unterschied freilich nicht
so sehr in die Augen wie im Original, wo schon die verschiedenfarbige Grundirung — hellgrün in Mitte
und Ecken, lachsroth in der dazwischen sich erstreckenden Fläche — die Scheidung vollziehen lässt,
bevor man der Unterschiede in der ornamentalen Ausstattung im Einzelnen gewahr geworden ist.

Das Massgebende für die Raumtheilung und die decorative Gesammtanordnung ist die stern-
förmige Configuration in der Mitte und deren Theile in den vier Ecken, wogegen das Uebrige als blosses
Füllsel erscheint. Wir beginnen daher mit der Betrachtung der Mittelfigur. In ihrer Gesammterschei-
nung lässt sie sich bezeichnen als achteckiger Stern mit spitz zulaufenden, etwas ausgeschweiften
Zacken (Fig. 1), deren Contouren überdies in gebrochenen Festonzacken geführt sind. An den vier
Zacken, die nicht in einer der beiden Hauptaxen sondern in den Diagonalaxen des Teppichs liegen,
setzt sich der Contour von den Winkeln, die jeder dieser Zacken mit dem ihm unmittelbar benachbarten
bildet, noch in einer Krümmung nach einwärts ins Innere des Sternes fort und endigt in ein spitzes,
geripptes Halbblatt mit Volute am Stielansatz. An die Spitzen sämmtlicher acht Zacken des Sternes
setzen sich einfachere oder complicirtere Motive an, die den decorativen Zweck haben, das Auslaufen
der Zacken gefälliger zu gestalten. Am einfachsten sind diese Ansätze an den vier Zackenspitzen, die
nicht in den Hauptaxen des Teppichs liegen. Da sind es kleine dreitheilige Blätter, deren zwei un-
mittelbar an den Stiel angesetzte Theile gleichsam den Kelch für den dritten bekrönenden Theil bilden;
alle drei Theile sind leise geschweift. Complicirter sind die Ansätze an den in der Breitenaxe des
Teppichs liegenden beiden Zackenspitzen, wovon in Fig. 1 rechts unten eine Hälfte sichtbar ist; aber
die Grundform ist eine der vorigen eng verwandte. Auch hier gewahren wir zwei seitlich ausladende
Theile: gleichsam den Kelch, aus welchem die spitz auslaufende Bekrönung emporsteigt. Nur ist dieser
Ansatz nicht so wie jener in Form eines einzigen undurchbrochenen Blattes gehalten sondern aus ver-
schlungenen Bändern zusammengesetzt, zwischen denen der Grund durchbricht, und um den Stiel
schlingt sich ein Ring. Aber das dreitheilige ausgeschweifte Blatt der Diagonalzacken krönt auch die
äussersten Spitzen der Ansätze in der Breitenaxe und kehrt nicht minder im Innern dieser Ansätze
 
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