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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Ältere orientalische Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0317
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Aelterc orientalische Teppiche.

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der Rechten; mit der Linken fasst er die Zügel des Pferdes. Es muss hier auch der Umstand hervor-
gehoben werden, dass das Pferd des linken Reiters in der Haltung weniger schablonenhaft erscheint
als in den meisten übrigen Fällen, indem es vor dem Leopard mit dem Vorderkörper etwas zurück-
bäumt. Zur anderen Seite ist ein Wildschwein Gegenstand der Jagd; auch hier gebraucht der linke
Reiter den Säbel, der rechte den Pfeil, den er aber erst abgeschossen hat, wie aus der Haltung des
Reiters hervorgeht, die mit derjenigen des einen Reiters im sechsten Fries in allem Wesentlichen völlig
übereinstimmt.

Für die beiden letzten Streifen ist rechts und links von dem gegen die Mitte zu immer breiter
werdenden Mittelsterne so wenig Raum übrig geblieben, dass der Charakter der Zusammengehörigkeit
beider Theile zu einem Friesstreifen gänzlich verloren geht. Es ist hier immer nur Raum für je
einen Reiter; links haben wir im achten Streifen einen nach links sprengenden Reiter, der mit der
Keule einen Bock erschlägt, und im neunten oder letzten Streifen einen nach rechts sprengenden Bogen-
schützen. Auf der anderen (rechten) Seite sprengen die Reiter nach der umgekehrten Richtung; der-

Fig. 2. Ausschnitt aus der Bordüre des Jagdteppichs,

jenige im achten Streifen langt mit der Rechten einen Pfeil aus dem Köcher; vor ihm kniet ein vom
Pfeile getroffenes Reh. Im neunten Streifen durchbohrt der Reiter mit dem Säbel einen Schakal, der
sich in die Brust des Pferdes eingebissen hat. Auch in den letztbeschriebenen Streifen ist der Grund
durch zahlreiches Jagdwild der schon mehrfach erwähnten Species belebt.

Die Bordüre zerfällt in das breite Mittelband und in die beiden Säume: den Aussen- und den
Innensaum.

Das breite Mittelband oder die eigentliche Bordüre entspricht insoferne dem Innenfelde, als
auch ihr Inhalt nicht ein rein ornamentaler ist sondern infolge der Einführung von menschlichen oder
menschenähnlichen Figuren eine gegenständliche Bedeutung beansprucht. Wir begegnen da (Fig. 2)
zwei Figurentypen: einer mit unterschlagenen Beinen sitzenden in Vorderansicht und einer knieenden
in Profilansicht. Beide sind durch Flügel ausgezeichnet und dadurch dem Kreise gewöhnlicher Menschen
entrückt. Auch die tiaraähnliche Kopfbedeckung kennzeichnet sie als Wesen von hohem Range. Wir
dürfen sie mit Rücksicht auf die ihnen beigegebenen Flügel nach der herrschenden Kunstterminologie
einfach als Genien bezeichnen.

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