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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Ältere orientalische Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0326
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Alois Riegl.

für die Vergleichung mit dem Teppich gegenstandslos unberücksichtigt bleiben dürfen. Bock, Geis und
Hase bezeichnen wiederum das gewöhnlichste Jagdwild. Man kann die Uebereinstimmung in der Stili-
sirung Zug für Zug feststellen, wenn man die Figuren i, 3 und 4 nebeneinanderhält. Man vergleiche
z. B. den Hasen in Fig. 1 links oben, unterhalb des Reiters, mit den Vertretern der gleichen Species auf
den Miniaturbildern Fig. 3 und 4. Die Gruppe von wildem Esel und Raubthier in Fig. 4 lässt für die
Erklärung einige Zweifel offen. Fürs Erste ist wegen der starken Abblätterung der Farbe der Charakter
des Raubthieres (Löwin, Panther?) nicht ganz klar; wahrscheinlich galt der Pfeil des Reiters dem wilden
Esel und dann wäre das Raubthier als ein zur Jagd abgerichtetes aufzufassen. Möglicherweise hat
aber der Miniaturist hier jene so überaus verbreitete decorative Gruppe verwerthet, in welcher min-
destens seit achämenidischer Zeit Lowe und Stier die gewöhnlichsten Combattanten bilden, ohne dass
aber die Ersetzung dieser Thierspecies durch andere gerade sehr selten wäre.

Als dritter Beleg für die allgemeine und Jahrhunderte lang währende decorative Verwendung der
auf dem Jagdteppich dargestellten Jagdscenen möge endlich ein Beispiel aus dem XVII. Jahrhundert
folgen. Die Figuren 5—10 geben die Aussenfläche eines verzinnten Kupferbeckens wieder. Dasselbe

Fig. 5—7. Gravirte Schriftborde von einem persischen Metallbecken vom Jahre 1643 (1681).

misst 0-255 Meter im Durchmesser und OT12 Meter in der Höhe. Nur die Aussenfläche ist mit gravirten
Verzierungen versehen, und zwar sind Figuren, Ranken, Blätter u. s. w. von festen, mit dem Stichel
gezogenen Contouren umrissen und der zwischen den Figuren frei bleibende Grund dicht schraffirt, so
dass sich die blanke, von wenigen die Modellirung bildenden Schraffen unterbrochene Zeichnung in ganz
schwachem Relief vom durchfurchten, durch den eingedrungenen Schmutz gefärbten Grunde abhebt.

Die Gesammtverzierung zerfällt in mehrere Zonen. Die oberste Zone, die in Fig. 5—7 voll-
ständig reproducirt erscheint, enthält einen Segensspruch in arabischer Sprache aber in derber per-
sischer Ta'likschrift. Der Grund zwischen den Schriftzeichen ist mit einem im Gegensatz zu der meist
üblichen Wellenform ziemlich frei verlaufenden Rankenwerk ausgefüllt, an das sich insbesondere fünf-
blätterige Rosetten, dann in Profilansicht (dreiblätterig oder palmettenartig) stilisirte Blüthen ansetzen.
Auch in diesem Falle verdanken wir Herrn Professor Wahrmund Lesung und Erklärung der sämmt-
lichen Inschriften. Der Spruch beginnt mit Fig. 5 rechts und endet mit dem spitzovalen ausgezackten
Medaillon in Fig. 7 links. Der Inhalt des Spruches ist nach Professor Wahrmund folgender:

»O Gott, segne den [Propheten] Muhammed, den Auserkorenen (el-mustafa Muhammed) und
[die von den schiitischen Persern als heilig verehrten zwölf Imäme, nämlich den Schwiegersohn des
 
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