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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Domanig, Karl: Peter Flötner als Plastiker und Medailleur: vornehmlich nach seinen in den Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses befindlichen Werken
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0039
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32

Karl Domanig.

Von Johannes Stoffler besitzt man ein Porträt in Holzschnitt aus dem Jahre 1531 (»annorum
LXXIX«; Passavant 61). Ich gebe von demselben eine Nachbildung nach dem in der »Albertina«
befindlichen Original.

Dieses Porträt gilt mit Unrecht für eine Arbeit Holbein's.' Holbein jun. (von dem Vater kann ohne-
hin nicht die Rede sein) lebte seit 1526 in England und hatte hier doch gewiss weder Veranlassung
noch Gelegenheit, das Porträt eines alten Tübinger Professors in Holz zu schneiden. Der Holzschnitt
rührt vielmehr, wie eine aufmerksame Vergleichung desselben mit sicheren Holzschnitten Peter Flötner's
unzweifelhaft darthut, von eben diesem Nürnberger her. Herr Professor Wickhoff, welcher die Güte

hatte, mich in dieser Frage zu unterstützen, hat
mir erlaubt, seine volle Uebereinstimmung mit
meiner Anschauung zu constatiren.

Dieselbe stützt sich: auf die Handhabung
des Meisseis im Allgemeinen, dann insbesondere
auf die Behandlung der Hände und Fingernägel,
sowie auf eine höchst bezeichnende Laune des
Künstlers: die öfter im Faltenwurf ganz un-

motivirt angebrachten Häkchen ^ J

und dergleichen Schnörkel. Auch die Zeich-
nung des Rahmens verräth die Hand Flötner's;
man vergleiche damit die Groteske Fig. 26.

Nun zeigt sich bei Vergleichung dieses
Holzschnittes mit unserem Steinmodell auf den
ersten Blick, dass das eine Werk von dem
anderen abhängig ist, so zwar, dass entweder
der Holzschnitt nach dem Modelle oder dieses
nach jenem copirt sein muss. Gerade der Um-
stand, dass die Darstellung hier eine linksseitige,
dort eine rechtsseitige (gegenseitige) ist, kann
als eine Bestätigung dafür gelten.

Jetzt ist die Frage, ob sich ein so be-
deutender Künstler wie der Urheber des Stein-
modelles dazu verstehen mochte, den Holzschnitt eines fremden Meisters glattweg zu copiren, oder gar
ob Peter Flötner seinen Holzschnitt nach dem Steinmodell copirte? Oder endlich ob es nicht viel
wahrscheinlicher ist, dass die beiden Werke, Holzschnitt und Modell, von der Hand eines Meisters,
Peter Flötner's herrühren, den wir ebensowohl als tüchtigen Holzschneider wie als trefflichen Medailleur
nachweisen können?

Die Antwort kann nicht zweifelhaft sein, sobald wir wahrnehmen, dass das Steinmodell that-
sächlich Eigenschaften des Flötner'schen Stiles aufweist: nämlich den so charakteristischen Lorbeerkranz
der Umrahmung, eine sehr ähnliche Schrift (vgl. insbesondere R und S) und die gleiche Interpunction
wie auf dem Raimund Fugger-Modelle (n. 3) und namentlich auch die auf Flötner'schen Holzschnitten
(vgl. Reimers 9, i3, 25, 25a [s. oben Fig. 29], 25b u. s. w.) häufig wiederkehrende Rosette.

Fig. 33.

B. b) Medaillen.

5. Claudius Dodeus, ohne Jahreszahl. 35 Millimeter, Silber, 23-3o Gramm. Ciselirter Guss, ver-
goldet. Vorzüglich erhalten (abgebildet Taf. III, n. 5).

1 Als solche wurde es auch noch 1892 vom Antiquariat Rosenthal in München ausgeboten: ein »brillanter erster
Druck«, der im Katalog der genannten Firma abgebildet ist.
 
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