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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Domanig, Karl: Peter Flötner als Plastiker und Medailleur: vornehmlich nach seinen in den Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses befindlichen Werken
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0047
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4o

Karl Domanig.

möchte man annehmen, dass der Kupferstecher I B eine Arbeit Flötner's copirt habe, welche dieser
bereits im Jahre 1529 oder früher — vielleicht für Willibald Pirkheimer' — verfertigt hatte.

Mich will sogar bedünken, dass Flötner denselben Gegenstand noch ein zweites, beziehungsweise
drittes Mal, in ziemlich veränderter Weise, behandelt habe. Die kaiserlichen Sammlungen verwahren
nämlich ein Relief dieser Art (Fig. 41, Lindenholz auf geschwärztem Holze aufgelegt, 12X18 Centi-
meter; das Instrument, welches die Tribulatio schwingt, ist abgebrochen, alles Andere trefflich er-
halten); dasselbe ist keineswegs eine Arbeit Flötner's, scheint aber eine solche als Vorlage voraus-
zusetzen. Darauf weisen die flatternden Gewandstücke und die aus den Wolken brechenden Strahlen,
dann insbesondere die Verzierung der Ära durch den Löwenkopf mit seinen geringelten Mähnen-
locken und die vom Feston herabhängenden, ganz im
Stile Flötner's gefältelten Tücher (vgl. damit etwa Bergau
C, .).

Hierin, aber auch in Hinsicht der Gruppirung, Haltung
und Gewandung der Figuren weist unser Holzrelief gegen-
über dem Relief der Medaille und dem Kupferstiche des I B
eine bemerkenswerthe Verschiedenheit auf. Da mit Aus-
nahme dessen, dass die Consolatio (Mittelfigur) wieder genau
hinter die Ära gerückt ist, das Relief der Medaille dem
Dürer'schen Entwürfe näher steht als das Holzrelief, dürfte
man das letztere für jünger halten.

Was ich über die Vorderseite unserer Medaille zu be-
merken habe, gilt zugleich von dem folgenden Stücke.

7. Ottheinrich (1532). 441/2 Millimeter, Bronze.
Schöner, sehr reiner Guss. Einseitig.

Brustbild des Pfalzgrafen von vorne mit Umschrift,
genau wie die Vorderseite des vorigen Stückes.

Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass dieses
Bildniss des Pfalzgrafen nicht von Peter Flötner gearbeitet
sei, nachdem es (Nr. 6) mit einem Werke dieses Meisters zu
einer Medaille verbunden wurde; denn dass die Arbeiten
verschiedener Meister zu einem Stücke vereinigt wurden,
gehört zu den seltenen Erscheinungen. Sicher ist übrigens,
dass der Künstler unseres De-face-Bildnisses auch das schöne Profilbild des Pfalzgrafen vom
Jahre 1531 verfertigt haben muss, welches eine Medaille des königl. Münzcabinetes in München zeigt
(Fig. 42); diese Medaille wird meines Erachtens nicht allein durch Schrift und Lorbeerkranz sondern
auch insbesondere durch die Darstellung der Rückseite als eine Arbeit der Werkstätte Flötner's
charakterisirt.2

Darnach sind wohl auch die folgenden jüngeren Stücke in der Sammlung des Allerhöchsten
Kaiserhauses den besprochenen Ottheinrichs-Medaillen von Flötner anzureihen:

8. Ottheinrich, 1530. 21 Millimeter, Silber, vergoldet, 4-50 Gramm. Schöner Guss, doch ziem-
lich abgenützt; ehedem gehenkelt.

Vs. Brustbild des Pfalzgrafen von rechts. Er ist barhaupt und trägt über der Halskrause eine
Kette. Umschrift: • • TTO PEN ■ CO • PA • RbE — DVX BAIO • ZC NA • AN • XXV • • (XXVm) (Fig. 43).

■ Thatsächlich sehen wir Flötner im Jahre 1530 für Pirkheimer beschäftigt; denn ihm und keinem Anderen mochte
ich die kleine Medaille des Berliner Cahinetes zuweisen, welche v. Sähet als »ein schönes Werk eines unbekannten Nürn-
berger Künstlers« im XI. Bande der Zeitschrift für Numismatik, Taf. V, n. 5, mittheilt. (Man vergleiche das Stück mit der
ebenda, Taf. V, n. 1, abgebildeten Medaille des Johann Neudörfer, worüber ich unten handle).

2 Der eben genannten Medaille auch zeitlich am nächsten steht die kleine Ottheinrichs-Medaille der Berliner Sammlung
vom Jahre 1531 mit der Darstellung des Poseidon auf der Rückseite.
 
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