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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Ilg, Albert: Das Neugebäude bei Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0113
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Das Neugebäude bei Wien.

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der Renovirungserfordernisse auf. Zunächst findet er, dass die Kosten sich auf 2000 Gulden belaufen
würden; wolle man nur das Allerdringendste bessern, doch auf 600 Gulden. Im Saale sei an dem Ort,
wo das Gewölbe bei 6 Klafter lang sei, die Decke eingefallen; in den Gängen und im Garten gehe das
Holzwerk zu Grunde. Auch im grossen Saal bei der Kapelle seien Schäden aufgetreten und selbst die
grossen Steinsäulen litten durch das Einrinnen des Dachwassers. Im Garten seien die Geländer, die Gänge,
die Hütten über den marmornen Springbrunnen ganz ruinirt. Am 12. Juni 1600 um 5 Uhr Abends sei ein
fünf Klafter langes Stück vom Gewölbe im oberen Saale eingefallen; die Kupferdrachen (Dachrinnen,
Wasserspeier) seien zerbrochen, die Kupferplatten sowie die Ziegel auf den Dächern defect, die Planken
umgefallen. Bei diesem Bericht befindet sich eine offenbar von dem Baumeister herrührende Situations-
darstellung, mit der Feder gerissen, welche wir hier (Fig. 6) in Reduction beifügen, weil die Säulen-

Fig. 6.

Stellungen daraus sehr klar ersichtlich werden. Beigeschrieben ist, auf die Darstellung des eingestürzten
Gewölbstückes bezüglich: »Diss ort ist: gegen Wienn werths im andern sali«. Ursache des Einsturzes
war das Abfaulen der Balkenroste im Dache, was nun ausgebessert wurde. Die Berichte über den Ver-
fall der ganzen herrlichen Anlage häufen sich: Fasane wurden nicht mehr gehalten, die Obstbäume
verdorrten, wildes Gesträuch fasste Wurzel. Der unterirdische Stollen, welcher vom neuen Gebäude
aus dem Pikhetthurm hinaus in den Fasangarten zu der Grotte ging, war eingefallen, sein Holzwerk
verfault. Man müsste ihn in Stein ausführen. Der Stollen war vom Pikhetthurm bis zur Grotte
165 Klafter lang und hatte drei Zweigstollen von je 43 Klafter Länge. Der Inzersdorfer Bach war aus
den neugemachten Gräben, durch die er ins Neugebäude geführt wurde, ausgerissen und auf diese
Weise nun kein Wasser in den Gärten, Wasserwerken und kleinen Teichen. Im August 1601 wird
Oswald Hüttendorfer, der Stadt Breslau bestellter Baumeister,-zur Regulirung des Baches in Vorschlag
gebracht. Diese Acten lehren auch, dass die Grotte, deren Lage uns räthselhaft ist, nie fertig ge-
worden ist. Die beiden Säle im Hauptbau werden hier immer die »schönen« genannt.
 
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