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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Ein veronesisches Bilderbuch und die höfische Kunst des XIV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0207
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Ein veronesisches Bilderbuch und die höfische Kunst des XIV. Jahrhunderts.

her, das man an dieser Fortsetzung der heiligen Geschichte ebenso wie an den Büchern der Makka-

bäer und besonders seit den Kreuzzügen an Jerusalem überhaupt nahm. Vasari lobt die Erfindung,

namentlich die geschickte Anordnung der Schlachtscenen und die gute Erhaltung des Colorits, ein

Urtheil, in das wir angesichts der Fresken im Georgsoratorium zu Padua mit ihren blühenden Farben

wohl einstimmen werden.

Unter diesen beiden grossen Darstellungen hat, nach Vasari's oberitalienischem Gewährsmann

Girolamo Campagnola, Jacopo Avanzi1 zwei »tri-

onfi« gemalt, deren malerische Durchbildung noch

Mantegna's Staunen erregt haben soll.

Von all dieser Herrlichkeit ist nicht der kleinste

Rest auf uns gekommen. Es scheint aber, als ob sich

wenigstens in Copien Fragmente dieser Fresken er-
halten hätten.

In der reichen Porträtsammlung, die heute im
Verbindungsgange der Florentiner Uffizien zum Pa-
lazzo Pitti untergebracht ist und deren Grundstock
auf die Collection Giovio's zurückgeht,2 sind auch
drei Porträte von Scaligern vertreten; zwei von ein-
ander ganz abweichende (Nr. 492 und 493) stellen
Cangrande, das dritte (Nr. 490) Mastino della Scala
vor. Dann finden sich in der von Erzherzog Fer-
dinand von Tirol angelegten Sammlung von Porträt-
miniaturen, ehemals auf Schloss Ambras, jetzt in
den Sälen des kaiserlichen Münzcabinetes im kunst-
historischen Hofmuseum in Wien aufgestellt, eben-
falls Porträte von Scaligern, vier an der Zahl, doch
wie alle übrigen in bedeutend kleinerem Format.3
Ich gebe hier eine kurze Uebersicht.

I. Uffizien Nr. 493. Cangrande (gestorben
i32g). Bartloses Brustbild nach links, mit rother
Mütze, Kettenhemd, darüber rother Waffenrock mit
der (weissen) Scala. Identisch mit dem Porträt in

Wien, Taf. A 145, das die Aufschrift trägt: »Can grande dalla Scala«. Bei Totti, Ritratti ed elogii
di capitani illustri, Rom 1635, p. 24 dasselbe Bild. Herr Director Kenner hatte die Güte, mich auf
dieses Stichwerk aufmerksam zu machen.

II. Uffizien Nr. 492. (Cangrande.) Brustbild, mit grauem Haar und Bart, in gelbem, pelzver-
brämtem Rocke, nach links, das Haupt etwas gesenkt. Identisch mit Wien, A 144. Auch der Holz-
schnitt in Giovio's »Elogia virorum bellica virtute illustrium«, Basler Druck von 1596, p. 42, scheint,
obwohl die Kopfhaltung anders ist (mehr wie in Nr. V), von diesem Bilde abhängig zu sein. Irrige

Fig. 4. Bildniss des Mastino
Florenz, Uffizien.

ella Scala.

' Er wird bei Vasari zu einem Bolognesen gemacht; hiebei ist aber zu bemerken, dass bei oberitalienischen Künstlern
der Ortsname sehr oft ein reines Patronymicum ist, das die Herkunft der Familie, nicht aber des Individuums anzeigt. Das
ist besonders bei einem anderen Trecentisten, dem Maler Karl des IV., Tommaso da Modena, der Fall, der sicher ein Trevi-
saner ist. Man denke auch an Vittorc Pisano und an die Bassani. Nicht anders verhält es sich mit den so häufigen
Steinmetzennamen der Lombardi und Campioni (aus Campiglione am Luganersee).

2 Sie wurde im Auftrage des Grossherzogs Cosmo I. von Cristofano Papi, genannt l'Altissimo, copirt. Herr Inspector
Nerino Ferri war so gütig, die Ambrascr Miniaturen genau mit den Scaligerporträts der Uffizien zu vergleichen.

3 Das Format der Florentiner Bilder ist 57-5 : 43-5 Centimeter, das der Wiener circa 14 : 10 Centimeter. Director
F Kenner wird die letzteren in der Fortsetzung seiner Publication der Ferdinandeischen Sammlung im nächsten Bande
dieses Jahrbuches veröffentlichen. Farbige, ganz unverlässliche Abbildungen bei Litta, Famiglie celebri italiane, Fase. XIV
(Scaligeri di Verona, parte II).
 
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