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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Ein veronesisches Bilderbuch und die höfische Kunst des XIV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0215
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i86

Julius von Schlosser.

Fig. 5. Romulus und Remus.
(Aus der Darmstädter Pctrarcahandschrift.)

uns in der liebenswürdigsten und liberalsten Weise von der Direction der grossherzoglichen Biblio-
thek zur Bearbeitung und Publication überlassen wurde, ist ein massig starker Band in Kleinfolio
(34 : 23 Centimeter), mit italienisch-gothischen Minuskeln in zwei Columnen auf ziemlich grobem
Pergament geschrieben. Die Versoseite des Vorsetzblattes zeigt die charakteristische Figur Petrarca's,
in seinem Studio sitzend, das besonders stark verdorbene Titelblatt oben eine allegorische Darstellung,
auf die noch zurückzukommen sein wird; es ist eingerahmt von jenen für die italienischen Trecento-
handschriften gegenüber dem französischen Dornblattornament so charakteristischen schweren Ranken
in lebhaften Farben, von Vögeln und Masken im Stile der Dröleries belebt. Im untern Theile befindet
sich in einem achteckigen Sternfelde mit rothem Grunde (darin der Buchstabe R) ein Wappen, das,
soweit sichtbar, einen nach rechts steigenden blauen Löwen in weissem Felde zeigt, überdeckt von einem
Topfhelm mit blau und weisser Helmdecke, der als Zimier Hals und Kopf eines weissen Schwanes mit
blauem Schnabel und Kamm trägt (siehe Taf. XXV). Dieses Wappen dürfte, wie mir Prof. Gloria in
Padua mitzutheilen so gütig war,1 jenes der gräflichen Familie Papafava (dei Carraresi) sein; nur
bekam später der Löwe ein Halsband mit einem kleinen anhangenden Schilde, der auf silbernem
Grunde den rothen carro, das Wahrzeichen der alten Herren von Carrara, trägt. Die Papafava leiten
sich nämlich von den Carrara her; schon im XVI. Jahrhundert haben sie eine Serie von Restitutions-
medaillen der ehemaligen Dynasten von Padua (von Jacopo I. bis Francesco V.) prägen lassen.2

Es folgen dann — neben ein paar farbigen historiirten Initialen im ersten Theile des Buches, die
weiterhin den gewöhnlichen Fleuronnebuchstaben in Blau und Roth weichen, — auf den unteren
Rändern der Handschrift, monochrom, grau in Grau, in flüchtig lavirter Federzeichnung ausgeführte
Darstellungen, die nur hin und wieder (bei Kronen, beim Laub der Bäume, besonders bei blutenden
Wunden) sparsame Anwendung von Gold und Farbe zeigen.

Ich schalte hier eine kurze Beschreibung der noch vorhandenen Grisaillen ein und hebe nur noch
hervor, dass blos die ersten Blätter mit Darstellungen versehen sind; zuweilen sind mehrere Scenen
zu einem Bilde verbunden.

Miniaturen der Darmstädter Handschrift.

Fol. 2'. Amulius, thronend, hinter ihm seine Leibwache, lässt Rhea Silvia von zwei Schergen
fortführen. Links die Aussetzung der Zwillinge am Ficus ruminalis.

3. Die Wölfin, mit den Zwilligen am Tiber lagernd. Links trägt Acca Larentia (eine trefflich
bewegte, völlige Figur) die Kinder in die Hütte.

1 Ich verdanke der Liebenswürdigkeit Gloria's auch sonst werthvolle Aufschlüsse, namentlich über das Porträt Pe
trarca's.

2 Armand, Les medailleurs italiens II, 15.
 
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