Fig. 8. Triumph des Camillus.
Diese Art der Composition ist für die Darstellung von Schriftstellern typisch, auch im Norden.
Ich verweise auf eine Miniatur aus einem burgundischen Manuscript des XV. Jahrhunderts, welche als
Titelbild zu Labitte's Schrift: »Les manuscrits et l'art de les orner«, Paris i8g3, abgebildet ist. Jenes
Hundchen weist uns aber auf die häufigsten derartigen Darstellungen hin: auf die Bilder der heiligen
Gelehrten schlechthin, des »Hieronymus im Gehaus« nach Dürer's Sprechweise. Dort ist es wirklich ein
Inventarstück, das nur selten fehlt; war doch diese Darstellung für die realistische Kunst des XV. und
XVI. Jahrhunderts im Süden wie im Norden das Paradestück sauberer Kleinmalerei. Ich erinnere
neben dem bekannten Kupferstich Dürer's, der der Suite der sogenannten vier Temperamente angehört,
nur an das entzückende Bild Carpaccio's in der Scuola der Slavonier zu Venedig, an den Catena der
National Gallery zu London oder an die beiden Pendants, St. Augustinus und St. Hieronymus, gemalt
von Ghirlandajo und Botticelli, in S. Trinitä zu Florenz.
Das Original in der Sala de' Giganti zu Padua wie die Copie in unserem Manuscript1 sind auch,
allem Anscheine nach erst im Beginne des XV. Jahrhunderts entstanden, hier wie dort später hinzu-
gefügt worden. Die noch gothischen Formen des Mobiliars, anderseits die Bekanntschaft mit der
allerdings noch höchst unbeholfen verwendeten Linearperspective weisen auf die Pisanellozeit hin.
Ich kann hier nur flüchtig erwähnen, dass noch zwei andere Porträte Petrarca's aus dem XIV. Jahr-
hunderte existiren. Das eine, ein Fresco, Petrarca betend mit gefalteten Händen darstellend, befand
sich an einem Hause zu Padua in der Nähe des Domes, das die Tradition als Wohnhaus des Dichters
bezeichnete,2 und wurde nach dessen Demolirung im grossen Saale der bischöflichen Residenz ein-
gemauert. Das andere, das vielleicht die meiste Authenticität beanspruchen darf, befindet sich in dem
eigenhändig von Lombardo della Seta für Francesco I. Carrara geschriebenen Exemplar der Römer-
biographien, das nach Francescos Gefangennahme durch den Visconti in die Bücherei des Castells
von Pavia und mit dieser dann in die Pariser Nationalbibliothek gelangte (Fonds Latin Nr. 6069 F).3
Es zeigt den Dichter im Profil, mit runderen und volleren Formen als in unserer Miniatur.
Die Thatsache, dass das Titelbild der Darmstädter Handschrift nach einem Fresco der Sala de'
Giganti copirt ist, möchte den Grisaillen gegenüber nicht unwesentlich ins Gewicht fallen. Auch bei
diesen scheinen die Fresken jenes Saales als Vorbild gedient zu haben, freilich in der Weise, wie sie
eben ein Miniator zu seinen Zwecken benutzt, vereinfachend und zusammendrängend. Es weist
Manches daraufhin: die Composition in langen, von Rahmen eingeschlossenen Streifen, die Art, wie
die Gruppen oft am Rande abschneiden, die Auswahl der Scenen, vielleicht auch die Technik;* ab-
1 Ich verdanke eine eingehende Vergleichung der Güte Prof. Gloria's. Die Composition stimmt völlig überein' nt.
hat man später den Kopf Petrarca's übermalt und den Bücherschrank durch ein grosses offenes Fenster ersetzt, auch dz
Fensterchen mit den Butzenscheiben weggekratzt, wie denn überhaupt das Bild arg entstellt worden ist.
2 Eine Photographie ist in der Festschrift zum Centennarium 1874: »Padova a Francesco Petrarca« enthalten.
J Abbildung bei P. de Nolhac, Un nouveau portrait de Petrarque, Gazette des beaux arts 1890, I, 165.
4 Sollten nicht auch diese, wie die späteren des Campagnola, grau in Grau ausgeführt gewesen sein?
Diese Art der Composition ist für die Darstellung von Schriftstellern typisch, auch im Norden.
Ich verweise auf eine Miniatur aus einem burgundischen Manuscript des XV. Jahrhunderts, welche als
Titelbild zu Labitte's Schrift: »Les manuscrits et l'art de les orner«, Paris i8g3, abgebildet ist. Jenes
Hundchen weist uns aber auf die häufigsten derartigen Darstellungen hin: auf die Bilder der heiligen
Gelehrten schlechthin, des »Hieronymus im Gehaus« nach Dürer's Sprechweise. Dort ist es wirklich ein
Inventarstück, das nur selten fehlt; war doch diese Darstellung für die realistische Kunst des XV. und
XVI. Jahrhunderts im Süden wie im Norden das Paradestück sauberer Kleinmalerei. Ich erinnere
neben dem bekannten Kupferstich Dürer's, der der Suite der sogenannten vier Temperamente angehört,
nur an das entzückende Bild Carpaccio's in der Scuola der Slavonier zu Venedig, an den Catena der
National Gallery zu London oder an die beiden Pendants, St. Augustinus und St. Hieronymus, gemalt
von Ghirlandajo und Botticelli, in S. Trinitä zu Florenz.
Das Original in der Sala de' Giganti zu Padua wie die Copie in unserem Manuscript1 sind auch,
allem Anscheine nach erst im Beginne des XV. Jahrhunderts entstanden, hier wie dort später hinzu-
gefügt worden. Die noch gothischen Formen des Mobiliars, anderseits die Bekanntschaft mit der
allerdings noch höchst unbeholfen verwendeten Linearperspective weisen auf die Pisanellozeit hin.
Ich kann hier nur flüchtig erwähnen, dass noch zwei andere Porträte Petrarca's aus dem XIV. Jahr-
hunderte existiren. Das eine, ein Fresco, Petrarca betend mit gefalteten Händen darstellend, befand
sich an einem Hause zu Padua in der Nähe des Domes, das die Tradition als Wohnhaus des Dichters
bezeichnete,2 und wurde nach dessen Demolirung im grossen Saale der bischöflichen Residenz ein-
gemauert. Das andere, das vielleicht die meiste Authenticität beanspruchen darf, befindet sich in dem
eigenhändig von Lombardo della Seta für Francesco I. Carrara geschriebenen Exemplar der Römer-
biographien, das nach Francescos Gefangennahme durch den Visconti in die Bücherei des Castells
von Pavia und mit dieser dann in die Pariser Nationalbibliothek gelangte (Fonds Latin Nr. 6069 F).3
Es zeigt den Dichter im Profil, mit runderen und volleren Formen als in unserer Miniatur.
Die Thatsache, dass das Titelbild der Darmstädter Handschrift nach einem Fresco der Sala de'
Giganti copirt ist, möchte den Grisaillen gegenüber nicht unwesentlich ins Gewicht fallen. Auch bei
diesen scheinen die Fresken jenes Saales als Vorbild gedient zu haben, freilich in der Weise, wie sie
eben ein Miniator zu seinen Zwecken benutzt, vereinfachend und zusammendrängend. Es weist
Manches daraufhin: die Composition in langen, von Rahmen eingeschlossenen Streifen, die Art, wie
die Gruppen oft am Rande abschneiden, die Auswahl der Scenen, vielleicht auch die Technik;* ab-
1 Ich verdanke eine eingehende Vergleichung der Güte Prof. Gloria's. Die Composition stimmt völlig überein' nt.
hat man später den Kopf Petrarca's übermalt und den Bücherschrank durch ein grosses offenes Fenster ersetzt, auch dz
Fensterchen mit den Butzenscheiben weggekratzt, wie denn überhaupt das Bild arg entstellt worden ist.
2 Eine Photographie ist in der Festschrift zum Centennarium 1874: »Padova a Francesco Petrarca« enthalten.
J Abbildung bei P. de Nolhac, Un nouveau portrait de Petrarque, Gazette des beaux arts 1890, I, 165.
4 Sollten nicht auch diese, wie die späteren des Campagnola, grau in Grau ausgeführt gewesen sein?