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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Dollmayr, Hermann: Raffaels Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0341
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Raffaels Werkstätte.

3oi

gewissen idyllischen Charakter haben, der freilich im Grunde auch mit der Auswahl der Gegenstände
zusammenhängt, und eine einfache, auf wenige Figuren beschränkte Scene, sehen wir hier das Drama-
tische vorwalten und eine Menge von handelnden Personen auftreten, die mit ihren gewaltigen Be-
wegungen und ihrer energischen Handlungsweise den Bildern, wie z. B. der »Schlacht gegen die Arno-
riter« und der »Ländervertheilung«, trotz ihrer kleinen Verhältnisse eine gewisse Monumentalität ver-
leihen (s. Taf. XXXVI). In der Farbe unterscheiden sie sich von den früheren auffällig durch ein
helleres, lebhafteres Colorit und durch die ausgedehntere Anwendung der weissen und blauen Farbe
in den Gewändern. Dieselben Eigenthümlichkeiten finden sich nun wirklich in den sicheren Bildern
Perino's wieder, von denen ich vor Allem die kleinen historischen Scenen im Sinne habe, die er zu
Genua auf der Decke des Atriums im Palazzo Doria malte. Sie stellen den Triumph des Scipio dar.
Aus der beigegebenen Abbildung (Fig. ig) lassen sich ihre feineren Beziehungen zu unseren Fresken
deutlich erkennen; man vergleiche die ganze Art der gedrängten, massigen Compositionen, die

Fig. 19. Perino del Vaga. Triumph des Scipio.
(Deckenfresco im Palazzo Doria zu Genua.)

schlanken Gestalten mit den breiten Schultern, das den antiken Triumphalreliefen entnommene Co-
stüm und Kriegsgeräthe, die länglichen, von Haar und Bart umrahmten Gesichter: Vasari hat Recht,
wenn er die vier Bilder der zehnten Arkade Perino zuschreibt.

Mit ihnen stimmen aber noch überein »David und Goliath«, der »Triumph Davids«, »David und
Bethseba«, bei welchem Bilde man auch die Kampfscene am Balcone in ihrem Verhältniss zur Amoriter-
schlacht beachten wolle (s. Taf. XXXVI). Alle drei Fresken sind mit den besprochenen nicht nur in
Composition, in Formen und Colorit aufs Engste verwandt sondern zeigen auch dieselbe Technik:
eine trockene Behandlung des Frescos mit weniger sattem Pinsel, so weit natürlich nach den vielfachen
Restaurationen ein solches Urtheil noch zulässig ist. Lichter und Schatten des Gesichtes sind in kurzen
Strichen und Punkten aufgesetzt, eine Manier, die ihnen etwas Faltiges und Runzeliges gibt; Haare
und Bart in gleicher Weise behandelt. Auch fällt bei allen die starke Anlehnung an die Antike auf.
Costüm und Kriegsgeräthe habe ich schon erwähnt. Noch viel wichtiger ist jedoch die Einführung
der Localpersonificationen im Sinne der classischen Kunst, die Darstellung des Jordans als bärtigen
Gottes, der mit seinen Händen die andrängenden Wogen zurückstaut.

Die dreizehnte Arkade lässt Vasari ebenfalls von Perino gemalt sein. Allein ein Vergleich mit
der zehnten lehrt, dass dies nicht richtig ist. Selbst in Rechnung gezogen, dass wir Vieles auf das
 
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