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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Dollmayr, Hermann: Raffaels Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0353
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Raffaels Werkstätte.

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ist sein Kopf mit den wallenden Locken in einen gewöhnlicheren Typus abgeändert und lässt sich
mit den Patriarchenköpfen in den Loggien nur entfernt vergleichen, zeigt sich aber trotzdem mit ihnen
übereinstimmend in der Ausführung. Für Penni sprechen ferner die kühlere Färbung des Fleisches,
die perlgrauen Schatten, die stark aufgesetzten kreidigen Lichter, die sich selbst noch nach den Ueber-
malungen an diesem und an den beiden anderen Fresken: dem »zur Erde fahrenden Merkur« und
dem »Merkur, der Psyche in den Olymp bringt« beobachten lassen. Diese drei Bilder sind von ihm.

Was dann die in den Bogenzwickeln dargestellten Putti mit den Götterattributen, die Vasari dem
Giovanni da Udine zuschreibt, anbelangt, so theilen sie sich entsprechend auf. Penni gehören die sechs
in Zusammenhang mit seinen Bildern stehenden an: die beiden mit Weinstock und Hirtenpfeife zu
Seiten des »Merkur, der zur Erde fährt«, der mit Schild und Helm im daranstossenden Bogenfelde über
dem ersten Gartenfenster, die zwei mit den Werkzeugen des Vulcan und der mit Löwe und Seepferd
in den Bogenzwickeln unter »Merkur führt Psyche in den Olymp«; alle anderen sind Arbeiten Giulio
Romano's.

Man hat sich die gemeinsame Thätigkeit der beiden Lieblingsschüler Raffaels an seinen Werken
stets so vorgestellt, als ob sie gleichzeitig und einander in die Hände arbeitend gewirkt hätten; allein
aus dem Verlaufe meiner Untersuchung ergibt sich, dass in der Mehrzahl der Fälle ihre Verwendung
an einem und demselben Freskeneyklus nur darauf zurückzuführen ist, dass der ursprünglich mit dem
Auftrage betraute die Arbeit aufzugeben und der zweite für ihn einzutreten hatte. So musste es der
Fattore in den Loggien schwächeren Leuten überlassen, das von ihm Begonnene fortzuführen, um hier
Giulio Romano abzulösen, den eine wichtige Mission nach auswärts geführt hatte. Es war dies der
bereits behandelte Auftrag des Cardinais Bibbiena auf das Porträt der Johanna von Aragonien. Es
fragt sich nur, ob ich eine Berechtigung habe, die Entstehung des Bildnisses gerade in diese Zeit, das
wäre in den Sommer 1518, zu setzen; und ich glaube, ja. Der Herzog Alfonso von Ferrara spricht
nämlich zu Weihnachten 1518 den Wunsch aus, den Carton zu besitzen, der zu dem Bilde gedient
hatte, zu einer Zeit also, wo er soeben vom französischen Hofe zurückgekehrt war. Das bringt mich
auf die Vermuthung, dass sein Verlangen durch das grosse Aufsehen angeregt wurde, welches das Bild

XVI.

Fig. 27. G. F. Penni. Venus vor Jupiter.

(Farnesina.)

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