Raflaels Werkstätte.
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Darüber heisst es dann bei ihm im Leben des Perino weiter: »In der Zeit (nach den Loggien des
zweiten Stockwerkes) wurde im Auftrage Leos die Decke im Saale der Päpste gemalt, das ist in jenem,
von dem aus man durch die Loggia hindurch nach den Zimmern Papst Alexander's VI. kommt, die
vordem Pinturicchio ausgeschmückt hatte: Giovanni da Udine und Perino malten sie. Sie machten
miteinander die Stuccaturen, Ornamente, Grotesken und Thiere, die man dort sieht, nicht zu ge-
denken der schönen Erfindungen in den Feldern, die in Kreise und Ovale für die sieben Planeten des
Himmels abgetheilt sind, welche von ihren Thieren gezogen werden: Jupiter von Adlern, Venus von
Tauben, der Mond von Frauen, Mars von Wölfen (soll heissen von zwei weiss und braun geneckten
Pferden), Mercur von Hähnen, die Sonne von Rossen und Saturn von Schlangen. Ueberdies sieht man
die Zeichen des Thierkreises und einige der 48 Sternbilder: den grossen Bären, den Hundsstern und
viele andere, die wir der Kürze wegen nicht ordnungsgemäss aufzählen; man kann sie im Werke sehen.
Fast alle diese Figuren sind von Perino's Hand. In der Mitte der Decke aber malte er in einem Runde
vier Victorien, welche die dreifache Krone und die päpstlichen Schlüssel halten, sich von untenauf ver-
Fig. 34. G. d. Udine. Helios. Fresko von der Decke des grossen Saales
in den Appartamenti Borgia.
kürzen und mit meisterhafter Kunst und Einsicht ausgeführt sind, nicht gerechnet die Leichtigkeit
ihrer Gewänder, indem er über ihre Körpertheile einige dünne Stoffe legte, Arme und Beine dagegen
bloss Hess, in höchst anmuthiger Schönheit. Auch gilt das Werk noch heute für ehrenvoll, reich,
heiter, reizend und dieses Papstes fürwahr würdig, der nicht ermangelte, die gewiss lobenswerthen
Mühen des Künstlers reich zu belohnen.« 1
Vasari's Berichte über das neue Unternehmen bedürfen, — wollen wir auf das Wahre kommen,
— vor Allem einer kleinen Correctur in der Zeit. Denn während er im Leben des Perino als den Auf-
traggeber noch Papst Leo nennt und die Ausmalung des Saales, wie es so ungefähr richtig ist, an das
zweite Loggienstockwerk anschliesst, sagt er in dem des Giovanni da Udine: »Bei der Erwählung
Clemens des VII. zum Papste ging Giovanni, der vielfach bereits in seinen Diensten gearbeitet hatte, von
Udine, wohin er der Pest wegen geflüchtet war, alsbald nach Rom zurück. Dort musste er zur Krönung
Sr. Heiligkeit eine reiche, schöne Verzierung über der Treppe von St. Peter anordnen und erhielt
sodann Befehl, gemeinschaftlich mit Perino del Vaga einige Malereien an der Wölbung des alten
' Vasari V, 595.
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Darüber heisst es dann bei ihm im Leben des Perino weiter: »In der Zeit (nach den Loggien des
zweiten Stockwerkes) wurde im Auftrage Leos die Decke im Saale der Päpste gemalt, das ist in jenem,
von dem aus man durch die Loggia hindurch nach den Zimmern Papst Alexander's VI. kommt, die
vordem Pinturicchio ausgeschmückt hatte: Giovanni da Udine und Perino malten sie. Sie machten
miteinander die Stuccaturen, Ornamente, Grotesken und Thiere, die man dort sieht, nicht zu ge-
denken der schönen Erfindungen in den Feldern, die in Kreise und Ovale für die sieben Planeten des
Himmels abgetheilt sind, welche von ihren Thieren gezogen werden: Jupiter von Adlern, Venus von
Tauben, der Mond von Frauen, Mars von Wölfen (soll heissen von zwei weiss und braun geneckten
Pferden), Mercur von Hähnen, die Sonne von Rossen und Saturn von Schlangen. Ueberdies sieht man
die Zeichen des Thierkreises und einige der 48 Sternbilder: den grossen Bären, den Hundsstern und
viele andere, die wir der Kürze wegen nicht ordnungsgemäss aufzählen; man kann sie im Werke sehen.
Fast alle diese Figuren sind von Perino's Hand. In der Mitte der Decke aber malte er in einem Runde
vier Victorien, welche die dreifache Krone und die päpstlichen Schlüssel halten, sich von untenauf ver-
Fig. 34. G. d. Udine. Helios. Fresko von der Decke des grossen Saales
in den Appartamenti Borgia.
kürzen und mit meisterhafter Kunst und Einsicht ausgeführt sind, nicht gerechnet die Leichtigkeit
ihrer Gewänder, indem er über ihre Körpertheile einige dünne Stoffe legte, Arme und Beine dagegen
bloss Hess, in höchst anmuthiger Schönheit. Auch gilt das Werk noch heute für ehrenvoll, reich,
heiter, reizend und dieses Papstes fürwahr würdig, der nicht ermangelte, die gewiss lobenswerthen
Mühen des Künstlers reich zu belohnen.« 1
Vasari's Berichte über das neue Unternehmen bedürfen, — wollen wir auf das Wahre kommen,
— vor Allem einer kleinen Correctur in der Zeit. Denn während er im Leben des Perino als den Auf-
traggeber noch Papst Leo nennt und die Ausmalung des Saales, wie es so ungefähr richtig ist, an das
zweite Loggienstockwerk anschliesst, sagt er in dem des Giovanni da Udine: »Bei der Erwählung
Clemens des VII. zum Papste ging Giovanni, der vielfach bereits in seinen Diensten gearbeitet hatte, von
Udine, wohin er der Pest wegen geflüchtet war, alsbald nach Rom zurück. Dort musste er zur Krönung
Sr. Heiligkeit eine reiche, schöne Verzierung über der Treppe von St. Peter anordnen und erhielt
sodann Befehl, gemeinschaftlich mit Perino del Vaga einige Malereien an der Wölbung des alten
' Vasari V, 595.