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Wendelin Boehcim.
Ranken, Füllornamente, dazwischen Groteskfiguren, Türkenköpfe u. dgl. Die Arabesken laufen in
vielfach verschlungene Schnörkel aus, Schreiberzüge, wie wir sie von der Hand der Briefmaler in
gleichzeitigen Missalen und Gebetbüchern, nie aber an Harnischen antreffen, die in der Regel immer
ihren eigenen Stil in der Auszierung an sich tragen (Fig. 5). In der Nähe des oberen Brustrandes ge-
wahren wir zwei eingeschlagene Marken, welche von jener der Sturmhaube ganz verschieden sind.
Die eine rechts enthält in einer Art von Wappenschild ein W (Fig. 6); die andere ist sehr undeutlich
ausgedrückt, so dass Niemand den Gegenstand derselben zu erkennen im Stande wäre. Aus Analogien
jedoch, welche ich später genau darzulegen in der Lage bin, ist als sicher anzunehmen, dass damit
eine Rübe mit drei Blättern in einem Wappenschilde
dargestellt ist (Fig. 7).
Zwischen den Aetzornamenten auf der Brustmitte
ist, wie auf Fig. 5 deutlich ersichtlich ist, das Mono-
gramm des Aetzmalers A • G zu erblicken.
Zu diesem Harnische gehören einige Wechsel-
und Verstärkungsstücke, darunter eine kleine Lands-
knechthaube ohne Kamm mit schmalem Gesichtsschirme
und kleinen geschobenen Backenstücken; derlei »Häu-
bel« wurden auf Märschen im Felde unter breitkrämpi-
gen Filzhüten getragen; die Auszierung in AetzwTerk
ist eine analoge mit dem Harnische, bietet aber keinen
Anlass zu weiteren Bemerkungen. Wichtiger ist uns
eine Doppelbrust mit kleinem Rüsthaken1 hauptsäch-
lich durch ihre künstlerische Ausstattung. Dieselbe ist
mit ähnlichen Rankenornamenten in vortrefflicher
Hochätzung geziert und in denselben prägt sich nur
noch schärfer und charakteristischer der deutsche Brief-
malerstil um 1530 aus. Auf einem Streifen am oberen
Rande findet sich die Darstellung des Raubes der
Helena in Schwarzätzung mit der getheilten Beischrift:
RAPTVS • HELENAE, in deren lebendiger Composition
sich der Aetzmaler einen Stich des Bartholomäus Beham
(Bartsch, i3) zum Vorbilde genommen hat (Fig. 8).
Wie um den Hals geschlungen erblickt man, gleichfalls
in Schwarzätzung dargestellt, eine weitgeschackte Kette
mit einem Kleinod daran in der Form einer Rosette, an welchem ein Ehrenzeichen hängt, welches aus
den beiden ineinander verschlungenen Lapidarbuchstaben L und V besteht (Fig. 9).
Werfen wir einen Blick auf die Marke des Bruststückes mit dem Buchstaben W, die wir hier im
Vereine mit der uns bekannten Marke Siebenbürger's treffen, so erinnern wir uns des durch Neudörfer
geschilderten herzlichen Verhältnisses des Letzteren zu seinem Schwiegervater Wilhelm von Worms
und, bestärkt durch den Buchstaben W, gerathen wir dahin, in dem Harnische eine gemeinsame Arbeit
eines Worms mit Siebenbürger zu erblicken. Nun entsteht die Frage, welchem aus der Familie Worms
diese Mitthätigkeit zuzuschreiben ist. Um das Jahr 1530 war Wilhelm der Vater noch am Leben und
dessen Söhne Wilhelm und Sebald waren bereits in Thätigkeit; ersterer mochte etwa 3o Jahre zählen.
Vieles spricht für Wilhelm den Vater, der ja in der Familie Siebenbürger's lebte, während von dem
' Das Bruststück des Harnisches selbst hat keinen Rüsthaken, wohl aber die Löcher für einen solchen. Rüsthaken
sind bei Landsknechtharnischen nicht üblich gewesen; es ist daher das Auftreten eines solchen auf der Doppelbrust gegen
die Gepflogenheit. Seine geringe Dimension zeigt, dass er nicht für den Gebrauch und nur die ritterliche Würde des Trägers
anzudeuten bestimmt war. Der hier ersichtliche, sogenannte »neuartige« Rüsthaken, zum Umklappen eingerichtet und
mittelst einer Feder festzustellen, zählt seiner Form nach gewiss zu den frühesten seiner Gattung.
Fig. 9.
Wendelin Boehcim.
Ranken, Füllornamente, dazwischen Groteskfiguren, Türkenköpfe u. dgl. Die Arabesken laufen in
vielfach verschlungene Schnörkel aus, Schreiberzüge, wie wir sie von der Hand der Briefmaler in
gleichzeitigen Missalen und Gebetbüchern, nie aber an Harnischen antreffen, die in der Regel immer
ihren eigenen Stil in der Auszierung an sich tragen (Fig. 5). In der Nähe des oberen Brustrandes ge-
wahren wir zwei eingeschlagene Marken, welche von jener der Sturmhaube ganz verschieden sind.
Die eine rechts enthält in einer Art von Wappenschild ein W (Fig. 6); die andere ist sehr undeutlich
ausgedrückt, so dass Niemand den Gegenstand derselben zu erkennen im Stande wäre. Aus Analogien
jedoch, welche ich später genau darzulegen in der Lage bin, ist als sicher anzunehmen, dass damit
eine Rübe mit drei Blättern in einem Wappenschilde
dargestellt ist (Fig. 7).
Zwischen den Aetzornamenten auf der Brustmitte
ist, wie auf Fig. 5 deutlich ersichtlich ist, das Mono-
gramm des Aetzmalers A • G zu erblicken.
Zu diesem Harnische gehören einige Wechsel-
und Verstärkungsstücke, darunter eine kleine Lands-
knechthaube ohne Kamm mit schmalem Gesichtsschirme
und kleinen geschobenen Backenstücken; derlei »Häu-
bel« wurden auf Märschen im Felde unter breitkrämpi-
gen Filzhüten getragen; die Auszierung in AetzwTerk
ist eine analoge mit dem Harnische, bietet aber keinen
Anlass zu weiteren Bemerkungen. Wichtiger ist uns
eine Doppelbrust mit kleinem Rüsthaken1 hauptsäch-
lich durch ihre künstlerische Ausstattung. Dieselbe ist
mit ähnlichen Rankenornamenten in vortrefflicher
Hochätzung geziert und in denselben prägt sich nur
noch schärfer und charakteristischer der deutsche Brief-
malerstil um 1530 aus. Auf einem Streifen am oberen
Rande findet sich die Darstellung des Raubes der
Helena in Schwarzätzung mit der getheilten Beischrift:
RAPTVS • HELENAE, in deren lebendiger Composition
sich der Aetzmaler einen Stich des Bartholomäus Beham
(Bartsch, i3) zum Vorbilde genommen hat (Fig. 8).
Wie um den Hals geschlungen erblickt man, gleichfalls
in Schwarzätzung dargestellt, eine weitgeschackte Kette
mit einem Kleinod daran in der Form einer Rosette, an welchem ein Ehrenzeichen hängt, welches aus
den beiden ineinander verschlungenen Lapidarbuchstaben L und V besteht (Fig. 9).
Werfen wir einen Blick auf die Marke des Bruststückes mit dem Buchstaben W, die wir hier im
Vereine mit der uns bekannten Marke Siebenbürger's treffen, so erinnern wir uns des durch Neudörfer
geschilderten herzlichen Verhältnisses des Letzteren zu seinem Schwiegervater Wilhelm von Worms
und, bestärkt durch den Buchstaben W, gerathen wir dahin, in dem Harnische eine gemeinsame Arbeit
eines Worms mit Siebenbürger zu erblicken. Nun entsteht die Frage, welchem aus der Familie Worms
diese Mitthätigkeit zuzuschreiben ist. Um das Jahr 1530 war Wilhelm der Vater noch am Leben und
dessen Söhne Wilhelm und Sebald waren bereits in Thätigkeit; ersterer mochte etwa 3o Jahre zählen.
Vieles spricht für Wilhelm den Vater, der ja in der Familie Siebenbürger's lebte, während von dem
' Das Bruststück des Harnisches selbst hat keinen Rüsthaken, wohl aber die Löcher für einen solchen. Rüsthaken
sind bei Landsknechtharnischen nicht üblich gewesen; es ist daher das Auftreten eines solchen auf der Doppelbrust gegen
die Gepflogenheit. Seine geringe Dimension zeigt, dass er nicht für den Gebrauch und nur die ritterliche Würde des Trägers
anzudeuten bestimmt war. Der hier ersichtliche, sogenannte »neuartige« Rüsthaken, zum Umklappen eingerichtet und
mittelst einer Feder festzustellen, zählt seiner Form nach gewiss zu den frühesten seiner Gattung.
Fig. 9.