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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0430
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Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in den kaiserlichen und in anderen Sammlungen.

38i

Fig. ii.

Beleg zur Wiederauffindung von abhanden gekommenen Bestandteilen. Was nun die Zeichnung der
Ornamente auf diesem Harnische betrifft: Schlingornamente auf Tupfgrund mit eingestreuten Vögeln
(Fig. n), so reiht sich die Composition an die geschmackvollsten Muster der Aetzmalerei. Der Decor
erweist weiters, dass dieser Harnisch einer grösseren Garnitur angehörte; denn wir finden einen Har-
nisch mit ganz gleicher Zeich-
nung in dem Aetzwerk im
Musee d'Artillerie in Paris
(G.63). Er ist der Feldharnisch
der Garnitur, der 1805 oder
1809 aus dem Wiener Zeug-
hause abhanden gekommen ist
und unzweifelhaft einst der
Harnischkammer des Kaisers

Ferdinand I. angehört hat. Der Harnisch besitzt einen geschlossenen Helm mit drei Hals- und Nacken-
reifen. Die Achseln sind vorne ausgeschnitten. Die Schwebescheiben sind abgängig; ebenso fehlt ein
Handschuh. Auf der Brust zeigen sich die Marken des Wilhelm von Worms. Ueber die Verzierung
spricht sich der Katalog von Robert mit folgenden Worten aus: »Le decor de toute l'armure consiste
en bandes verticales tres-finement gravees, donnant des rinceaux de feuillages, des oiseaux.« 1

Die nähere Betrachtung
dieser beiden deutlich mar-
kirten Harnische setzt uns in
die Lage, uns den Typus der
späteren Arbeiten des Meisters,
um 1550 herum, einzuprägen,
um auch seinenicht mitMarken
bezeichneten rasch und sicher
herauszufinden. Es stehen uns

übrigens noch mehrere andere markirte Werke zur Verfügung, die ich später erwähnen werde, um
unsere Bestimmungen noch sicherer zu gestalten.

Zu den unbezeichneten, aber zweifelsohne aus der Werkstätte des kaiserlichen Hofplattners
Wilhelm von Worms hervorgegangenen Werken zählt der Feldharnisch Nr. 296 der kaiserlichen
Waffensammlung in Wien, der ganz ähnlich wie der vorbeschriebene mit schwarzgeätzten ornamen-
tirten Strichen und Rändern ausgestattet ist, aber gewiss zu seinen
spätesten Arbeiten zählt.

Der geschlossene Helm mit hohem Kamm besitzt ein beiderseits ge-
lochtes Visir und drei Hals- mit ebenso vielen Genickreifen. Die Achseln
haben steife Hinterflüge und schmale geschobene Vorderflüge; an die
letzteren sind Schwebescheiben gebunden. Die Brust, ohne Rüsthaken,
ist langgestreckt mit tiefsitzendem Gansbauche, ganz in jener Form, wie
solche zwischen i56o bis 1570 üblich gewesen waren. An dieselbe
schliessen zwei Bauchreifen und an diese wieder sind die fünfmal ge-
schobenen Beintaschen geschnallt. Die Diechlinge sind zum Abstecken und Verkürzen eingerichtet.
Die Ausstattung ist im Ganzen ähnlich jener des Vorbeschriebenen; doch sind die Schlingornamente
dichter gruppirt," gezwungener in der Zeichnung und weit weniger frei in der Handhabung der Aetz-
nadel. Im Tupfgrunde sind die Tupfen nicht mit Wachs später aufpunktirt, wie das erfahrene

Fig. 12.

Fig. i3.

■ Zahlreiche Details über Objecte des Musee d'Artillerie zu Paris verdanke ich einem längeren und lebhaft geführten
wissenschaftlichen Briefwechsel mit dem leider zu früh verstorbenen Conservator dieses Museums, Obersten I.. Robert, und
nicht minder dem gegenwärtigen, Obersten F. Bernadac. Ich habe alle Ursache, dieser überaus werthvollen Informationen
dankbarst zu gedenken.
 
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