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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0435
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386

Wendclin Boeheim.

Schliesslich erwähne ich noch eine Brechscheibe im Besitze des Herrn Eduard Benda in Wien,
welche für uns insoferne von Wichtigkeit ist, als sie durch ihre Ausstattung den ursprünglichen Be-
sitzer der Garnitur gleichfalls unwiderleglich nachweist. Die Brechscheibe ist in dem bekannten Rosen-
blattdessin in vergoldeter Aetzung berandet und durch radiale Striche in drei Felder getheilt. In jedem
dieser Felder erblicken wir nun das vollständige spanisch-österreichische Wappen, bedeckt von der
Kaiserkrone und umrahmt von der Colane des Vliessordens in vergoldeter Aetzung und mit Oelfarben
bemalt, aus welchen Darstellungen hier und auf der oben erwähnten halben Rossstirne sich Zweierlei
ergibt: erstens, dass die Garnitur dem Kaiser Ferdinand und nicht etwa Karl V. oder einem anderen
Ritter des goldenen Vliesses angehört hat, und zweitens, dass die Garnitur nach 1558, dem Jahre

des Antrittes seiner Kaiserwürde, geschlagen wurde1
(Fig. 17).

Die Marke Wilhelms von Worms tragen die nach-
stehenden Harnische des Musee d'Artillerie:

G. 64: Feldharnisch, blank, mit schwarz geätzten
Fig. 18. Strichen, die dadurch einige Aehnlichkeit mit jenen mit

den Rosenblättern zeigen, dass auch hier ein schmaler
Blattfries ins Feld hinausläuft. Die Handschuhe sind aus der Werkstätte des Worms, jedoch nicht
dazugehörig. Dabei findet sich noch eine Sturmhaube mit gleichem Decor aber von minder guter Aus-
führung.

G. 66: Turnierharnisch, in der Form ganz ähnlich den beiden Turnierharnischen Ferdinand I.
Die Brustform weist auf eine spätere Fertigungszeit. In Paris datirt man sie gegen 1580.

Unter den Werken, welche die Marken des Wilhelm von Worms aufweisen, führe ich noch einen
blanken Feldharnisch mit schwarz geätzten Strichen und Rändern an, der in der kaiserlichen Waffen-
sammlung zu Wien bewahrt wird und um 1546 geschlagen wurde (Kat. Nr. 340). Der geschlossene
Helm mit drei Halsreifen besitzt ein nur an der rechten Seite gelochtes Visir. Die geschobenen
Achseln haben grosse Hinterflüge und kleine geschobene Vorderflüge; Schwebescheiben sind abgängig.

Die Handschuhe sind nicht zu-
gehörig; sie sind zwar ähnlich
verziert, tragen aber beide den
Augsburger Stadtpyr eingestem-
pelt. Die ziemlich lange und ge-
schiftete Brust mit Löchern für
den abgängigen Rüsthaken zeigt
am Oberrande deutlich die Marke
des Wilhelm von Worms. An
dieselbe schliesst sich ein Bauch-
reifen, an welchen die eilfmal geschobenen Schösse geschnallt sind. Die Beinröhren sind an den inneren
Seiten zum Schnüren eingerichtet; die vielfach geschobenen Eisenschuhe besitzen eine schmale aber
die natürliche Fussform. Die ornamentirten Striche sind von sehr correcter und zierlicher Zeichnung;
sie laufen von einem Stiele aus und scheinen von der Hand desselben Aetzmalers zu stammen, welcher
der Decor »mit den Rosenblättern« angehört (Fig. 18).

Die Hauptwerke eines Hofplattners des Kaisers Karl V. aber muss man in Madrid suchen und
wirklich finden sich in der Armeria Real daselbst zahlreiche und hervorragende Arbeiten desselben.
Eine der schönsten des Meisters ist ohne Zweifel der Harnisch Philipp II. auf Mann und Ross (alter
Katalog Nr. 2451, neuer A 264 und A 274; Photographiewerk Laurent Bl. 11). Derselbe ist blank, mit
breiten, flach getriebenen, geätzten und vergoldeten Strichen, in welchen sich die Embleme des Vliess-

1 Der Besitzer dieser interessanten Brechscheibe hatte die Güte, die Abbildung derselben hier zu gestatten, wofür ich
demselben meinen verbindlichsten Dank ausspreche.
 
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