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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0437
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388

Wendelin Boeheim.

Nun besitzt die Waffensammlung in Wien ebenfalls einen ganzen Feldharnisch von gleicher
decorativer Ausstattung mit geätzten und vergoldeten Strichen in Wolkendessins (Kat. Nr. 298), der
aber auf den Ellenbogenkacheln ganz deutlich den Augsburger Stadtpyr eingeschlagen trägt. Zu dem-
selben gehört auch eine Doppelbrust und eine Tartsche für das Realgestech, aus deren Rautenfüllungen

ich hier eine Probe bringe (Fig. 21), welche
jener in Madrid bei A 243 in der Ausstattung
nahezu gleich kommt1 ( Fig. 22). Wir stehen
da vor einem Räthsel. Der Harnisch trägt keine
Meistermarke aber sein Typus weist vollkommen
auf Wilhelm von Worms den Jüngeren. Es
ist da nur anzunehmen, dass der Meister, und
zwar von 1551 bis etwa 1554, zu Augsburg ge-
arbeitet hat.

Wir sehen in Wilhelm von Worms dem
Jüngeren einen Meister von aussergewöhnlicher
Geschicklichkeit und Gewandtheit, dabei von
einer ungewöhnlich grossen Productivität, wenn
wir hier nur die Anzahl seiner Arbeiten über-
blicken, welche ich aufzufinden im Stande war,
und in Erwägung ziehen, dass nicht wenige
Fig. 21. Werke seiner Hand, bezeichnete und unbe-

zeichnete, in kleineren Sammlungen als solche
noch gar nicht bekannt geworden sind. Seine Arbeiten sind durchwegs mit vielem Geschmacke in
Aetzarbeit geziert; treffliche Leistungen von durchwegs deutschen Aetzmalern. Bei aller Anerkennung
derselben reichen sie doch nicht über das allgemeine Niveau der Harnischätzung erheblich hinaus.
Soweit die Forschung reicht, ist der Meister nur ein einziges Mal mit bedeutenderen Meistern der Kunst
in Verbindung getreten: bei dem Harnische des Konrad von Bemelberg.

Konrad Lochner.

Es ist sehr schwierig, sich in der zahlreichen Familie der Nürnberger Lochner zurechtzufinden;
doch lässt sich immerhin, ungeachtet des empfindlichen Mangels an Urkunden, wenigstens für die Zeit
der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts eine genealogische Gruppirung der Familienglieder aufstellen,
deren Stichhältigkeit zu belegen ist. Was der fleissige Commentator Neudörfels, Dr. G. W. K. Lochner,2
über die Genealogie seiner eigenen Familie beibringt, ist quantitativ gering; aber das Wenige gibt uns
doch Anhaltspunkte, um ein gerundetes Bild jenes Zweiges zu bieten, welchem der berühmte Waffen-
schmied Konrad oder Kunz Lochner entsprossen ist. Setzt man Lochner's werthvolle Beiträge mit jenen
in Vergleich, welche sich über die Familie in »Norischer Christen Freydthöfe Gedächtnis«3 finden, so
lösen sich leicht die gewichtigsten Zweifel, welche sich dem Nürnberger Stadtarchivar aufgedrängt hatten.

Am Beginne des XVI. Jahrhunderts bestanden in Nürnberg drei Familien Lochner, deren Häupter,
wie ich vermuthe, Brüder gewesen sind. Es sind dies: Kunz Lochner der Alte, Plattner, der 1527

' In dem Bildcodex ^' der gräflich Thun'schen Fideicommiss-Bibliothek im Schlosse Tetschen in Böhmen, welcher
sich als ein Musterbuch eines Augsburger Plattners um 1560 darstellt aber Werke verschiedener und auch älterer Meister
enthält, ist auf Blatt 42 ein Harnisch mit dem gleichen Dessin in Aquarell dargestellt. Leider ist dabei nicht, ähnlich wie
auf anderen Blättern, die Persönlichkeit angegeben, für welche derselbe angefertigt wurde. Jedenfalls erweist sich damit
wieder vom Neuen, dass Wilhelm von Worms eine Zeit lang in Augsburg thätig gewesen ist.

2 Neudürfer, a. a. O., p. 64.

3 Norischer Christen Freydthöfe Gedächlniß, a. a. ().
 
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