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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0444
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Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in den kaiserlichen und in anderen Sammlungen.

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Sicherer ist der ausgezeichnet schöne Harnisch im königlichen historischen Museum zu Dresden,
welcher dem Herzog Johann Wilhelm zu Weimar (1530—1573) angehört haben dürfte,1 ein Werk
Lochner's. Er trägt nirgends eine Marke; aber in der Waffensammlung auf dem Schlosse Wartburg
befindet sich der zugehörige Pferdeharnisch,
welcher mehrfach neben der Nürnberger
Beschau die Marke unseres Meisters einge-
schlagen hat.2 Der Mannsharnisch ist blank,
mit etwas gekehlten breiten Strichen, welche
theils in schwarzer theils in vergoldeter
Aetzung geziert sind. Auf den Achseln wie
auf den Armkacheln finden sich gekehlte
Füllornamente. Der burgundische Helm
besitzt ein quergekehltes Visir; die gescho-
benen Achseln haben Brechränder; die
breite Brust hat einen tief angesetzten Gans-
bauch; die Beintaschen sind kurz und vier-
mal geschoben. Eigenthümlich ist das Bein-
zeug unten geformt, woselbst sich starke
Knöchelauftriebe zeigen (Fig. 25).

Reichhaltig an hervorragenden Ar-
beiten Lochner's ist die grossherzogliche
Sammlung auf der Wartburg, aus welcher
ich vorhin schon eine erwähnt habe. Ich
muss hier den werthvollen Beschreibungen
Cornelius Gurlitt's3 folgen, da ich die
Sammlung nicht aus eigener Anschauung
kenne.

Des Pferdeharnisches Johann Wil-
helms von Sachsen -Weimar habe ich so-
eben gedacht.

Beachtenswerth ist ein ganzer Har-
nisch zum Fussturnier, schwarz, mit blan-
ken, geätzten und ornamentirten Streifen,
mit burgundischem Helme und geschobener
Brust. An den Achseln wie an den Mäuseln
zeigen sich flach getriebene und geätzte Tri-
tonen und Nereiden. Auf der Brust erscheint
in der Mitte ein Crucifix, links darunter ein
zweites, rechts ein knieender Ritter, da-
hinter dessen Ross. Die Handschuhe ge-
hören nicht zum Harnische, welcher neben der Nürnberger- die Marke Lochner's eingeschlagen trägt.

Noch weit interessanter seiner figuralen Ausstattung wegen erscheint ein Pferdeharnisch daselbst.
Die Rossstirne trägt das emaillirte sächsische Wappen. Oben erscheinen flach aufgetriebene und über-
ätzte Nereiden. In gleicher Ausführung erblickt man auf dem Fürbuge in der Mitte Adam und Eva,

Fi«. 2s.

1 Der Harnisch wurde von dem Administrator Kursachsens Herzog Friedrich Wilhelm, dem Sohne des obenerwähnten
Herzogs, 1591 der Sammlung überwiesen.

2 Diese Notiz, wie auch andere sehr werthvolle Beiträge verdanke ich dem Herrn Director des königlichen historischen
Museums zu Dresden, Max von Ehrenthal, was ich hier in vollster Erkenntlichkeit verzeichnen muss.

3 Gurlitt, a. a. 0., Dresden 1889, p. 79 ff.

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