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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Abhandlungen
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Dörnhöffer, Friedrich: Ein Cyklus von Federzeichnungen mit Darstellungen von Kriegen und Jagden Maximilians I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0079
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Friedrich Dörnhöffer.

Theuerdank und auf der Ehrenpforte. Völlig gegen die Vorschrift aber sehen wir auf Taf. XV eine
Figur im bauschigen Wamms mit Federhut, die wahrscheinlich ebenfalls den Kaiser darstellen soll.
Die Jagdgenossen unterscheiden sich von ihrem Herrn hauptsächlich durch ihren kürzeren Wamms,
wie auch auf Fig. 15 des Theuerdank.

Die Bewaffnung ist dem Zwecke angemessen eine verschiedene. Bär und Eber werden mit dem
langen Spiesse1 angegriffen. Auffallenderweise scheint auch der im Mittelgrunde einhersprengende
Reiter auf der Hirschjagd (Taf. XV) einen Spiess zu führen, was ich auf keiner anderen Abbildung
sah.2 Am Gurt befestigt sehen wir entweder das Schwert, das auch gegen den Bären geführt wurde
(vgl. Theuerdank, Nr. 17), oder ein breites Schnittmesser, »darauf ein Schnitzer und phfriem«, das
.lagdbesteck; rückwärts das Leitseil und ein Horn, und zwar das kleine deutsche Jägerhorn. Der von
Maximilian ersonnene Schweinsdegen und das Schweinsschwert findet sich auf unserem Eberkampfe
nicht. Als Schusswaffe wurde die Armbrust gebraucht, im Winter die hörnerne, im Sommer von Stahl
(Jagdbuch, p. 1). Auf Taf. XV sehen wir Maximilian eben beschäftigt, die Sehne mittelst Winde anzu-
spannen. Der Vorgang selbst ist auf diesem Bilde klar: die Thiere werden von Hunden und berittenen
Jägern auf eine offene Waldstelle getrieben, die einerseits durch Hirschnetze geschlossen ist, während
auf der andern Seite die Jäger im Gebüsche schussbereit warten.

Auch die Eber auf Taf. XVI werden den Jägern zugetrieben, die sich im Gebüsche versteckt
halten (Mittelgrund) und zuletzt gegen den von den Hunden gestellten und bedrängten Eber losgehen,
ein immer noch lebensgefährlicher Kampf. Links sehen wir einen Jäger beschäftigt, ein erlegtes Thier
auszuweiden.

Mit ausserordentlicher Klarheit ist der Vorgang auf Taf. XVIII entwickelt. Jeder mögliche Mo-
ment der Reiher- und Entenjagd kommt zur Anschauung. Die erste Aufgabe war, das Jagdgeflügel
aus seinem Verstecke aufzuscheuchen und zum Auffliegen vom Wasser zu bewegen. Dazu sind die
Falkner mit langen Ruthen ausgerüstet, mit denen sie auf das Wasser schlagen.3 Aus dem Schilfe am
Ufer aber werden Reiher und Ente von den hiezu abgerichteten Hunden aufgestöbert. Sobald das
Wild aufstösst, reisst der Jäger dem Falken die Haube ab, die seinen Kopf bis dahin verhüllte. Sofort
wirft sich der Falke auf die Ente oder den Reiher und es entspinnt sich ein Kampf, den wir auf der
Zeichnung in verschiedenen Stadien dargestellt sehen. Fiel die verwundete Ente ins Wasser, so waren
die Hunde da, sie zu holen. Gelangte der Falke mit seiner Beute kämpfend sonst zur Erde, so hatte
der Falkner rasch dorthin zu eilen und ihm zu helfen. Entweder gab man ihm den geschlagenen
Vogel preis oder man reichte ihm statt dessen einen bereitgehaltenen Brocken Fleisch. Verflog sich der
Falke, so wurde er durch lebhaftes Schwingen des »Luder«, auch Federspiel genannt, wieder heran-
gelockt. Es war diess ein Flügelpaar, das an einem mit Leder überzogenen und mit einem Ringe ver-
sehenen Stücke Holz befestigt war. Die Beute wurde in der weiten Seitentasche, einem beständigen
Requisit des Falkners,4 geborgen, der Falke von Neuem behaubt.

Aus der Thatsache, dass diese vier Jagdbilder mit den 14 (beziehungsweise 16) historischen
Schlachtenscenen in einen Cyklus zusammengestellt sind, lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit
schliessen, dass auch sie bestimmte historische Jagderlebnisse darstellen sollen. Doch fehlen ihnen,
wie erwähnt, Ueberschriften. Der Versuch einer Identificirung, sei es mit den im Theuerdank ge-
schilderten, allegorisch verbrämten Abenteuern, sei es mit den im geheimen Jagdbuche, der Auto-

1 Seine Form völlig gleich Triumphzug (Jahrbuchausgabe, Taf. i3 und 14) und Theuerdank, Nr. 48. An der Be-
rührungsstelle des Eisens und des Schaftes ist ein Querstab bemerklich. Das ist ein Stück Knochen, welches durch einen
am Eisen befindlichen Ring gesteckt ist und von welchem ausgehend ein Band oder Riemen den Schaft umwindet, zu
festerem Halte oder zum Schmucke dienend. Das Querstück, bei anderen Spiessen mit der Spitze aus einem Stück ge-
schmiedet, mochte den Zweck haben, das zu tiefe Eindringen zu verhindern.

2 Auf Abbild. Nr. 33 des Theuerdank jagt Maximilian einem Hirsch mit gezücktem Schwerte nach.

3 Vgl. die Geschichte der Beize von E. v. Dombrowskv in der Allgem. Jagd- und Forst-Encvklopädie von R. v. Dom-
browskv. p. 545. — Die Ruthen werden auch von den Falkenieren im Triumphzug getragen; vgl. Taf. 5 und 6.

4 Vgl. Triumphzug, Taf. 5 und 6.
 
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