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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0018
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I 2

Friedrich Kenner.

glänzender Siege bei Aljuberota (1385) und Valverde gegen die Ansprüche des Juan von Castilien, eines Schwieger-
sohnes Fernandos, so dass des Letzteren Sohn Enrique, der nach des Vaters Tode den Krieg erneuert hatte,
nach abermaligen Niederlagen im Jahre 1411 unsern Juan I. als König anerkennen musste. Dieser eroberte 1415
Ceuta und traf in seiner langjährigen Regierung vortreffliche Einrichtungen in seinem Reiche, wie die Heraus-
gabe neuer Gesetze, an welchen sein Rathgeber, Doctor Juan Regras, ein Schüler des Bartolus, theilnahm, die
Uebersetzung des römischen Rechtes in die portugiesische Sprache, die Verlegung der Residenz von Coimbra
nach Lissabon, die Einführung der christlichen Zeitrechnung; unter seine Regierung fällt auch in Folge der For-
schungen seines Sohnes Enrique, Grossmeisters des Christusordens, die Entdeckung von Madeira (1419), durch
welche jene von Ostindien vorbereitet wurde. Juan I. starb am 14. August 1433 und wurde in dem von ihm zum
Andenken an den Sieg bei Aljuberota erbauten Dominikanerkloster La Batalha beigesetzt. Von dem Gelübde der

Ehelosigkeit, das er früher geleistet, losgesprochen,
vermählte er sich am 2. Februar 1387 mit Philippe,
Tochter des Herzogs Johann V. von Lancaster, welche
als Mutter von sechs Söhnen und zwei Töchtern am
ig. Juli 1415 starb. Eine der Letzteren, Donna Isabel,
wurde mit Philipp dem Guten von Burgund vermählt,
welcher aus diesem Anlass den Orden vom goldenen
Vliesse stiftete; sie war die Mutter Karls des Kühnen
und Grossmuttcr der Maria von Burgund.

Zierliche Goldschrift: IOANNES REX • POR-
TVG. Brustbild links, fast im Profil, etwas nach
vorne geneigt, unbärtig, die nur wenig nach auf-
wärts gewendeten Augen und Brauen braun, die
Nase stark vortretend, voller Mund, kleines Kinn,
das Haupthaar von dem grossen schwarzen Hut
mit schmaler Krampe verdeckt, um diesen eine
Goldschnur. Ueber dem Goldstoffkleide, von
welchem nur der aufgestellte Kragen sichtbar ist,
ein rothes, mit braunem Pelz verbrämtes Ober-
kleid. Grund graubraun. — Katalog Nr. 211,
von Primisser als Johann II. [f 1495], von Sacken
als Johann I. [f 1433] bezeichnet.

Etwas geistlose aber sorgfältige Copie nach
dem grösseren Bilde im Depot der Gemälde-
galerie des Allerhöchsten Kaiserhauses, welches,
fast lebensgross auf Holz gemalt, auf dem alten
Rahmen links und oben die gleichfalls alte Auf-
schrift zeigt: »hec est vera digne et venerabilis memorie domini Joannis defücti quond. portugalie nobi-
lissimi et illiistrissimi | regis ymago quippe qui dü viveret de Juberot victoria potitus est potentissime.«1
Das Porträt ist augenscheinlich nach einem Votivgemälde, vielleicht von einem Retablo, abgenommen,
der sich, wie die missverstandene Angabe »de Juberot« in der Aufschrift des grösseren Bildes ver-
muthen lässt, in der Kirche des Klosters La Batalha befunden haben dürfte. Die grössere eben-
erwähnte Copie ist gegen die Mitte des XV. Jahrhunderts entstanden und nach der Individualität der
Gesichtszüge als ein Porträt des Königs, das zu dessen Lebzeiten gemalt war, zu betrachten. Der
Meister des Originales war wohl einer der Niederländer, die zu jener Zeit vorzüglich die Malerei in
Portugal vertraten, etwa ein Vorgänger jenes Johannes Dralia aus Brügge, der nach dem Grabsteine in
der nun verfallenen Kirche zu Thomar 1504 daselbst gestorben ist.2 Das ursprüngliche Gemälde kam

1 Primisser, Die k. k. Ambraser-Sammlung, Wien 1819, S. 95, Nr. 75. — Frhr. v. Sacken, Die k. k. Ambraser-Samm-
lung II (1855), S. 14, Nr. 48. Beide lesen gegen Ende richtig de Juberot; gemeint ist mit diesem Namen Aljuberota,
wo Don Juan mit wenigen Truppen einen glänzenden Sieg über die Castilianer, ungeachtet der Uebermacht der Letzteren,
errang.

2 Justi im Jahrbuch der kgl. preuss. Kunstsammlungen IX (1888), S. 144. Hier ist auf S. 142 auch des vorliegenden
Bildes Erwähnung gethan.
 
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