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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0048
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42

Friedrich Kenner.

Wie die Malweise unserer Copie zeigt, ist das Original in Italien zu suchen und nach dem Alter
des Königs, der schon ergraut dargestellt wird, um die Zeit der Schlacht von Ravenna, d. i. etwa in
seinem 50. Lebensjahre entstanden. Den Copisten haben wir an der betreffenden Stelle1 unter F ge-
schildert.

Das Bildniss Franz I. von Frankreich,2 welches in der Ergänzung der Bildnisse des Stammbaumes
aufgeführt wurde, ist eine recht unzulängliche Copie eines Originales von Jehan Clouet und stimmt mit
der Handzeichnung in Howard Castle3 bis auf geringe Kleinigkeiten überein.

Das Bildniss der Mutter des Königs Franz I., Louise (Luigia), Tochter des Herzogs Filippo von
Savoyen, geboren 1476, vermählt 1488 mit Charles Grafen von Angouleme, Witwe 1496, gestorben
1531, ist in der Reihe der Bildnisse von Savoyen schon früher besprochen worden.4

162. Claude, »la bonne reine«, erste Ge-
mahlin des Königs Franz I.,

Tochter des Königs Ludwig XII. aus seiner zweiten Ehe
mit Anne von Bretagne, geboren zu Romorantin am

13. October 1499, vermählt in St. Germain-en-Laye am

14. Mai 1514, gestorben in Blois am 20. Juli 1524, bei-
gesetzt neben ihrem Gemahle in St. Denis.5

Ohne Aufschrift. Brustbild links, im Drei-
viertelprofil, die schlicht gescheitelten Haare röth-
lichbraun, ebenso die Brauen, die von den oberen
Lidern halbverdeckten Augen lichtbraun, in weis-
sem Häubchen, über diesem ein schwarzes Hütchen
mit schwarzem, roth gefüttertem, tief auf den
Rücken hängendem Schleier. Das ausgeschnittene
enge Kleid mit weiten Aermeln schwarz, die durch-
sichtige Chemisette am oberen Rande mit einer
Reihe grosser Perlen besetzt. Grund gelblichgrau,
nach unten ins Lichtere spielend. Auf der Rück-
seite des Holztäfelchens Reste des Pergamentstreif-
chens, das dem Bilde beilag, mit der Aufschrift:
. . reyne Cl(aude) fame (du) roy Francois I. Dar-
unter mit Tusche in feinen Zügen auf das Holz
geschrieben: La Reine Claude femme du Roy
Francois I. — Katalog Nr. 222.
Von dem Profilkopfe bei Rovillius (1581) II, p. 228, verschieden; ebenso von dem Gemälde in
Versailles,6 das übrigens nicht für ein sicheres Porträt-der Königin gehalten wird;7 sie erscheint hier
jünger und völler, in anderer Wendung und Haltung. Das von Delpech aus dem Musee Royal mit-
getheilte Bildniss scheint ebenfalls nicht die Königin Claude sondern ihre Tochter Marguerite de France,

1 Jahrbuch XVIII (1897), S. i83.

2 Jahrbuch XIV (1893), S. 144, Nr. 154.

3 Ronald Gower, Three hundred French Portraits etc., London 1875, I, pl. I.

4 Jahrbuch XVII (1896), S. 254 und Tafel XIV, Fig. 154.

5 Das Grabmal wurde nach der Zeichnung von Philipp Delorme 1552 begonnen und von verschiedenen Künstlern,
namentlich Pierre Bontemps ausgeführt; es zählt zu den schönsten und reichsten der französischen Königsgräber in St. Denis.

6 Tome IX, Serie X, Section 2, Nr. 1820 »nach einem Gemälde der Zeit«; hier im Gegensinne ohne Schleier und
Chemisette, Perlenschnüre um Brust und Nacken, jünger und völler aussehend.

' Bouchot, Portraits, p. 33g, Nr. 3i 17.
 
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