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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0067
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6o

Friedrich Kenner.

zwanzig Jahre zählt. Die Mode, nach der sie sich trägt, ist jene um 1575; wir finden sie ähnlich in
dem Bildniss der kleinen Prinzessin Marie Elisabeth (oben, Nr. 169). Es scheint also die Naturaufnahme
um 1575 bis etwa 1578 erfolgt zu sein. In künstlerischer Hinsicht steht das Bild sehr hoch. Die feine
bestimmte Charakteristik, die delicate Behandlung der Formen und die geistvolle lebendige Erfassung
scheinen einen Maler von Bedeutung zu verrathen, für dessen nähere Bestimmung uns die Anhalts-
punkte fehlen.

Celebritäten.

Albon, Jacques de, siehe Saint-Andre (Nr. 179).

178. Andelot, Francois Conte de Coligny und Laval, Herr von,

vierter Sohn des Gaspard I. de Coligny, jüngerer Bruder Gaspard II. (Nr. 185), geboren in Chatillon-sur-Loing
am 18. April 1521, befand sich mit seinem Bruder bei der Belagerung von Landrecies, wurde 1556 General der

Infanterie, nahm 1558 an der Eroberung von Calais Theil
und zwang Guines zur Capitulation. In den Religions-
kriegen kämpfte er auf Seite der Hugenotten und starb
am 27. Mai 156g zu Saintes, wohin er sich zurückgezogen
hatte. Seine erste Gemahlin war seit 19. März 1547
Claude de Rieux, Gräfin von Laval und Montfort, die
zweite seit 27. August 1564 Anne de Salm, Witwe des
Balthasar de Haustonville.

Zierliche Silberschrift: DOMINVS DE ANDE-
LOT. Brustbild links, im Dreiviertelprofil, das
Haupt unbedeckt, die grossen Augen graublau, die
geschwungenen Brauen, das kurze Haupthaar, der
am Kinne zweispitzige kurze Vollbart braun, ma-
geres, unten schmal zulaufendes Gesicht mit breiter,
faltiger Stirne, lange gerade Nase, grosser Mund
mit voller Unterlippe; in Halskrause und reh-
braunem Koller mit schwarzen Unterärmeln, um
die Brust ein schwarzes Band mit Goldmedaille, von
der nur der obere Rand sichtbar ist. Grund gelb-
lichgrau. — Auf Pappe aufgezogen; auf der Rück-
seite der alte Pergamentstreif mit der Aufschrift:
Möns'' D'andelot aufgeklebt. — Katalog Nr. 833.

Das vorliegende Bildniss gibt Andelot anders
als die schöne Handzeichnung in Howard Castle,1
die mit »Andelot« bezeichnet ist, und jene, die
Bouchot2 aufführt. Dagegen ist es identisch mit dem
Gemälde in Versailles3 und sehr ähnlich dem Gemälde im Haag, das die drei Coligny, Odet, Gaspard II.
und Francois, in ganzen Figuren nebeneinanderstehend darstellt.4 Die beiden letztgenannten Werke
stehen mit dem Künstlernamen Dumonstier in Verbindung. Jenes von Versailles wird mit »Dumonstier
pinx.« angeführt; zu dem Bilde im Haag existirt eine Handzeichnung in Staffordhouse,5 die mit »Du-
monstier fecit« signirt ist. Die Malweise unseres Bildes ist von jener der anderen französischen Bilder
der Sammlung des Erzherzogs Ferdinand verschieden: das Incarnat hat einen warmen bräunlichen
Ton, die Schatten sind kräftiger, der Hintergrund zeigt ein ins Röthliche spielendes Grau, die Aus-

1 Ronald Gower I, 33: Dreiviertelprofil rechts, mit Hut, glattem Hemdkragen und anderem Rocke als in unserem Bilde.

2 Bouchot, Les Clouet, p. 36, '37, und Les Portraits aux crayons, p. 44, Nr. 21. — Ferner ebenda, p. 133.
1 Gal. hist. de Versailles, Tome X, Serie X, Section 3, Nr. 1941.

4 Abgebildet in Lichtdruck in Spamer's III. Weltgeschichte V (3. Auflage), S. 512.

5 Ronald Gower, Staffordhouse, pl. 35.
 
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