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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0095
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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wird sie sowohl in dieser Notiz als auch in der Aufschrift der Vorderseite noch als Herzogin von
Castelrau (Chätellerault) eingeführt, was auf die Zeit vor 1582 deutet, da Diana in eben diesem Jahre
Chätellerault gegen Anjou und Ponthieu vertauschte. Dadurch ist die Zeit der Entstehung des Origi-
nales unseres Bildes auf die Jahre 157g —1582 festgestellt; am nächsten wird das Jahr 1580 dafür an-
genommen werden können, da sie zwar in schwarzem Kleide aber mit allem Schmuck erscheint. Mit
ihrem damaligen Alter von 42 Jahren stimmt das Aussehen völlig überein.

Das Gemälde im Louvre (Nr. 119) stellt Diana in tiefer Trauer mit schwarzem Schmucke dar;
beigeschrieben ist »en oct(obre) 1568«; darunter steht »Diane de France, Duchsse d'Angouleme«, d. i.,
wenn die Jahreszahl nicht etwa retouchirt ist, im 3o. Lebensjahre. Das Gemälde in Versailles gibt die Her-
zogin im Gesichte sehr ähnlich unserem Bilde, in gleichem Alter, ebenfalls im ausgeschnittenen Trauer-
kleide und mit geschlossener Chemisette aber mit schwarzem Schmucke.1 In den farbigen Handzeich-
nungen aus der Bibliotheque de Saint-Genevieve, jetzt in der Nationalbibliothek in Paris, deren eine von
Niel im zweiten Theile seiner »Personnages illustres« abgebildet ist,2 erscheint sie mit Stuarthütchen und
Witwenschleier, in offener Chemisette und Perlenkette,3 weicht aber in der eleganten verschönernden
Art der Darstellung beträchtlich von unserem Bilde ab. Hier ist Aehnliches der Fall wie bei dem Porträt
der Königin Jeanne d'Albret von Navarra (Nr. 176); die Aufnahme ist unvorteilhafter, gewiss aber
naturgetreuer als in anderen Bildnissen derselben Persönlichkeiten, lieber den Maler wage ich nur die
Vermuthung auszusprechen, dass er Francois Quesnel nahegestanden haben dürfte; der Copist ist
sicher derselbe, welcher das ebengenannte Bildniss der Königinnen Jeanne d'Albret und jenes der Köni-
gin Louise (Nr. 171) sowie der Prinzessin Marie Elisabeth (Nr. 169) gemalt hat.

Montmorency, Henry de, siehe Damville (Nr. 188, 189).

Montmorency, Philipp de, siehe Hoorn (Nr. 198).

209. Montpensier, Louis II. de Bourbon, Comte, später Duc de,

Sohn Louis I. de Bourbon, Prince de la Roche-sur-Yon, und der Louise, Erbtochter des Gilbert von Montpensier,
geboren zu Moulins am 10. Juni 1513, folgte dem Könige Franz I. im Feldzuge in die Dauphine 1536, erhielt von
ihm 1538 die Grafschaften von Montpensier und Dauphine dAuvergne und wurde 153g Herzog und Pair von
Frankreich. In den Jahren 1543 und 1544 nahm er an dem Feldzuge von Roussillon und an der Belagerung von
Perpignan theil, wurde Generallieutenant in der Champagne und zeichnete sich 1549 bei Boulogne, 1554 bei
Renty sowie 1557 bei St. Quentin aus. Unter Karl IX. war er Gouverneur mehrerer Provinzen. In den Hugenotten-
kriegen stand er auf Seite der Katholiken, trug namentlich zum Siege in der Schlacht von Jarnac (i3. März 156g)
in hervorragender Weise bei und gab in jener von Moncontour neue Proben seiner Tapferkeit. Zum Gouverneur
der Bretagne 1570 ernannt, verliess Montpensier nach der St. Bartholomäusnacht (1572) den Hof; vor La Rochelle
1573 thätig, commandirte er mit grossen Erfolgen im Poitou und Saintonge (1574—1576), endlich in der Dauphine
und zog sich 1580 nach Champigny (Touraine) zurück, wo er am 23. September 1582 starb. — Er war in erster
Ehe seit August 1538 mit Jacqueline von Longwy (gest. 28. August 1561), in zweiter seit 4. Februar 1570 mit
Catherine, Tochter Franz I. von Guise (gest. 6. Mai i5g6), vermählt.

(Taf. III, Fig. 209.) Halbverlöschte Goldschrift: MONPENSERIVS. Brustbild links, fast im Profil,
mit braunen Augen, das sehr spärliche Haupthaar und der kurze Vollbart grau, ins Weisse spielend,
kleines schmales Gesicht mit hoher kahler Stirne, fast gerade vorspringender Nase, kleinem Munde
und kurzem Kinne; in Halskrause und schwarzem Rocke mit vier goldenen Knöpfen am Halse. Grund
grau. — Auf der Rückseite des Holztäfelchens in alter Cursivschrift: Monpensiers. ■— Katalog Nr. 356.

In der Pariser Nationalbibliothek befindet sich eine farbige Zeichnung, welche Louis II. de Mont-
pensier in gleicher Wendung wie unser Bild und entblössten Hauptes darstellt. Bouchot theilt sie
Nicolas Quesnel zu.4 Dieser, ein jüngerer Bruder des von uns schon öfter (Nr. 170—172 und 208)

1 Gal. hist. de Versailles, Tome X, Serie X, Section 3, Nr. 2035, nach einem »Tableau du temps«.

2 Bouchot, Portraits, p. 134.

3 Nach der Mode etwa um 1575, in ihrem 38. Lebensjahre.

4 Bouchot, Portraits, p. 277, Recueil L, welche p. 73 f. Nicolas Quesnel zugeschrieben wird.
 
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