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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Miniaturhandschriften aus der Bibliothek des Herzogs Andrea Matteo III. Acquaviva
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0156
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MINIATURHANDSCHRIFTEN AUS DER BIBLIOTHEK DES HERZOGS
ANDREA MATTEO III. ACQUAVIVA.

Von

Hermann Julius Hermann.

ie geistige Umwälzung, welche die Wiederbelebung des classischen Alterthums in
Italien hervorgerufen hat, hatte auch für die Kunst die Welt der antiken Sage
wiedergewonnen. Auf Möbeln, Brauttruhen, Tafelbildern, Kupferstichen, kurz
überall, können wir die stets wachsende Beliebtheit von Darstellungen aus dem
griechischen Mythos bemerken. Daneben macht sich aber auch ein Wandel in der
Auffassung der Allegorie geltend. Die scholastisch - mittelalterliche Kunst be-
vorzugte die christliche Allegorie, wie ja auch die Scholastik die Philosophie in

den Dienst der Religion stellte. Infolge der gewonnenen gründlicheren Kenntniss der antiken Philo-
sophie gewinnt aber bald die philosophische Allegorie in der darstellenden Kunst an Bedeutung.
Freilich werden wir hier fast durchgehends Vorschriften von Gelehrten für den Künstler annehmen
müssen; aber den Künstlern blieb es vorbehalten, den ihnen von Gelehrten gebotenen Stoff in die Form
eines Gemäldes zu bringen. In diese Reihe von Kunstschöpfungen, die, auf einem gelehrten Programm
fussend, philosophische Allegorien und Scenen aus der antiken Sage zur Darstellung bringen, gehören
auch — wenigstens zum Theil — die Miniaturen in den Classikerhandschriften des Herzogs Andrea
Matteo Acquaviva. Sie gewinnen für uns ein um so grösseres Interesse, da wir, wie mehrfach aus der
Wahl der Stoffe für die Darstellungen hervorzugehen scheint, als den Verfasser des Programms den
Herzog selbst annehmen müssen. Es mag daher nicht ungeeignet sein, über das Leben und die wissen-
schaftlichen Leistungen Andrea Matteos einige Bemerkungen vorauszuschicken, zumal wir dadurch
deutlicher erkennen, welch' weitgehenden Einfluss er auf die Anfertigung der Miniaturen genom-
men hat.

Andrea Matteo III. Acquaviva.1

Kein Spross der in jener Zeit berühmten Familien vereinigte Kriegsruhm und wissenschaftliche
Bildung in grossartigerer Weise als Andrea Matteo Acquaviva. In dieser etwas überschwänglichen
Weise beginnt Paul Giovio sein dem Herzog gewidmetes Elogium, in welchem er ihn einen »heros anti-
quae virtutis« nennt. Die Lobhymnen, mit denen die Zeitgenossen die geistige Bedeutung Andrea
Matteos priesen, beweisen, wie hoch seine philosophische Bildung geschätzt wurde, und ein Blick auf
sein bewegtes Leben erregt auch in uns Bewunderung, dass er neben seinen kriegerischen Unterneh-
mungen noch Zeit und Müsse fand, sich einer wissenschaftlichen Thätigkeit hinzugeben.

1 Pauli Jovii Vitae illustrium virorum (Basil. 1578) I, 237; desselben: Elogia virorum literis illustrium (ibid. 1577),
p. 137. — Mazzuchelli, Gli scrittori d'Italia I. I, 118. — J. W. Imhof, Corpus historiae gcnealogicae Italiae et Hispaniae
(Norimbergae 1702, p. 95 ff.). — Lina, Famiglie celebri d'Italia, Fase. 58. — Vor allem V. Bindi, Gli Acquavivi letterati,
Napoli 1881, und desselben Monumenti storici ed artistici degli Abruzzi, Napoli 1889.

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