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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Miniaturhandschriften aus der Bibliothek des Herzogs Andrea Matteo III. Acquaviva
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0239
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2 I 6 Hermann Julius Hermann. Miniaturhandschriften a. d. Bibliothek d. Herzogs Andrea Matteo III. Acquaviva.
3. Reihe: (10. Dialog): Epigrammdichtung.

Die dritte Reihe vereinigt die späteren Epigrammatiker. Giraldus beginnt: »sed nos iam iis missis
. . . ad ultimum poetarum ordinem recensendum convertamur, in quo quidem epigrammatum scriptores repositi
fuerant; nam tametsi ex antiquioribus, de quibus egimus superiorum dierum sermonibus, plerique epigrammata
scripserunt, nihilominus in extrema regione seorsum nonnullum in tabulis pictae fuere imagines, qui eo
tantum canendi genere laudem consecuti sunt, vel si modo aliud scripsere, non ex eo tarnen nomen adepti sunt.«
Unter den zahlreichen griechischen Epigrammatikern hebt Giraldus Archimelus, Theaetetus, ferner
unter den Römern Valerius Catullus und Q. Catulus, ferner Helius Cinna u. a. hervor. Endlich sei
noch das Bildniss des Decius Ausonius Gallus oder Burdegallensis (d. i. von Bordeaux) erwähnt.

Giraldus schliesst seine Betrachtungen über die Gemälde mit den Worten: »Ac simul his dictis
tabularum decimum sermonem et ultimum perfecimus et simul quoque nobis de patria meliora nunciata. Decimi
et ultimi dialogi de poetarum historia finis.«

Aus diesen Ausführungen des Giraldus gewinnen wir die Kenntniss eines Werkes des Tura,
welches in der Anlage mit den Fresken des Palazzo Schifanoja manche Verwandtschaft zeigt. Die Ein-
theilung der Fresken in drei Streifen übereinander, die Auffassung der Allegorie als triumphirende
allegorische Frauengestalten, die von Giraldus betonte treffliche Gomposition, Perspective und Schatten-
gebung sprechen deutlich für Cosimo Tura, dem auch die Oberleitung der Schifanojafresken oblag.
Zudem bieten uns die Fresken ein treffliches Beispiel der Programmmalerei; dafür, dass ein Pro-
gramm zu Grunde liegt, sprechen eine Reihe feiner Züge, deren Kenntniss gründliche Vertrautheit mit
der classischen Literatur voraussetzt; ich verweise nur auf die orientalische Tracht des Zoroaster,
auf Epimenides, der schlafend dargestellt war, die beiden schielenden Callimachus und Apollonius,
auf den Charakterkopf des Caesar und besonders auf den hässlichen Hipponax.

Das Hauptinteresse wendet sich natürlich den beiden allegorischen Lünettenbildern zu, welche,
das muss zugestanden werden, wohl zu den besten allegorischen Bildern des XV. Jahrhunderts gehört
haben dürften; denn ihre Symbole sind keineswegs so gekünstelt, wie wir es anderwärts bemerken
können; sie sind klar und sinnreich gewählt. Zudem scheint die Composition derselben, die an die
der Triumphe der olympischen Gottheiten im Palazzo Schifanoja erinnert, äusserst schön und voll
Leben gewesen zu sein. Umsomehr müssen wir bedauern, dass das schöne Werk Turas, das nur einige
Jahre vor dessen Orgelflügeln im Dom zu Ferrara, die den Höhepunkt von Turas Schaffen bedeuten,
entstanden war, so bald zu Grunde gegangen ist.

Fig. i3. Bronzemedaille des Herzogs Andrea Matteo III. Acquaviva.

(Geprägt um i52ö.)
 
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