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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Die aus dem kaiserlichen Schlosse Ambras stammenden Harnische und Waffen im Musée d'Artillerie zu Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0241
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Wendelin Boeheim.

durch den Vergleich des unmittelbaren Erben, des Sohnes des Erzherzogs, Karl von Burgau; mit Kaiser
Rudolf II. vom 21. Februar 1605 (ratifkirt am 25. August 1606) wurde das Eigenthumsrecht der Dy-
nastie auf den genannten Besitz neuerdings festgestellt. Nach dem Wortlaute dieser Rechtsurkunden war
das Schloss in erblicher Folge in den Besitz des Kaisers Franz I. gelangt. Dieses Verhältniss wurde,
wenigstens officiell, sowohl von der französischen als auch von der bairischen Regierung als zu Recht
bestehend anerkannt; nichtsdestoweniger wurde in wiederholten Fällen das Eigenthumsrecht verletzt.1

Bereits am i3. October 1805, also noch weit vor Abschluss des Friedens, erhielt Primisser von
dem Gubernial-Vice-Präsidenten Johann Franz von Strobl zu Stein und Wieseneck den Auftrag, die
Kostbarkeiten des Schlosses eiligst zu verpacken und einstweilen nach Brunecken abliefern zu lassen.2

Am 28. December i8o5 erstattete Primisser den folgenden Bericht an die österreichische Landes-
regierung, welcher ein helles Licht auf die Verhältnisse wirft; er schreibt:

»Den 23. Dezember berief mich Herr Vice-Präsident von Strobl zu sich und sagte mir, der hier
anwesende französische Commissär hätte die Schlüssel von Ambras begehrt; ich sollte mich also darauf
gefasst halten. Kaum war ich nach Hause gekommen,3 so trat der Kanzleydiener Hartweger herein
und richtete mir von Herrn Polizey-Director von Carneri aus, ich möchte mich in das gräfl. Künig-
lische Haus verfügen, wo der Commissär wohnete. Es war 11 Uhr: ich nahm eine Schaale Suppe und
ging dahin, fand aber den Commissär nicht mehr, der etwa eine Viertelstunde früher nach Ambras ab-
gefahren. Jetzt nahm ich in der Geschwindigkeit ein Paar Postpferde und fuhr nach. Als ich hinaus-
gekommen, traf ich ihn nebst drei andern Offizieren an. Worauf er mich fragte, ob ich alle Schlüssel
bey mir hätte, denn sie wollten alles sehen. Ich antwortete: Sie können alles sehen, was ich unter
meinen Händen habe: das obere Gebäu4 aber ist dem Spital eingeräumt.

»Ich führte sie durch die Rüstkammer und da schien es, dass sie wirklich wie andere Fremde nur
die Sammlung sehen wollten. Nachdem wir aber in die Schatzkammer gekommen, da rissen (»die
drei Begleiter des Commissärs« durchgestrichen) sie alle Schubladen auf, durchwühlten alles, was
drinn war und wollten alles, was nur die Form eines Kästleins hatte, eröffnet sehen, in der Meynung
etwas von Kostbarkeit darinn versteckt zu finden; da indessen einer, ich vermuthe der Commandant
ordonnateur, wie ein Kunstliebhaber ganz bescheiden mit mir herumgieng. Da er aber die letzten
Kästen, wo sonst eigentlich die Kostbarkeiten waren, ganz leer fand, beklagte er sich ebenfalls, dass

1 Es ist nicht richtig, dass sich der Verlust der Sammlungen von Ambras allein auf die hier bezeichneten Waffen
beschränkte. Dies erhellt aus einem Verzeichnisse von Mineralien, welche, wie es heisst, auf Geheiss des Herrn Vice-
Präsidenten aus dem Schlosse Ambras ausgehoben (!) und demselben übergeben worden sind; es sind dies die folgenden
Stücke:

Aus dem 2. Kasten

Nr. 83
» 121

Aus dem 3. Kasten
Aus dem 5. Kasten
Aus dem 6. Kasten

Aus dem 7. Kasten

Ein Onyx,
Ein Chalcedon,
Eine Granatmutter,
Ein Detroit,

Ein Markesit mit Krystallen,
Eine Zinngraupe,
Ein Malachit,

Eisenocker mit Kupferblüthe,
Gewürfeltes Silbererz,
Gediegenes Haarsilber,
Zapfensilber,
Kraussilber,

Gold im weissen Quarze,
» » » » Gold im grauen Quarze.

Die richtige Uebergabe wird durch die am 16. November 1805 erfolgte Unterschrift des Vice-Präsidenten v. Strobl
bestätigt. Von der Hand des Unterzeichners wurde noch folgende Bemerkung angefügt: »Auf ausdrückliches Verlangen
des Chef de 1'Etat-Major du Tailles von dem Marschall Ney'schen Corps.« Weitere Verluste der Sammlungen in dieser
Periode werden im Texte angeführt werden (Registr. ad 1805, Nr. 150).

2 Registr. ad 1805, Nr. 151.

3 Primisser wohnte in Innsbruck; das Schloss Ambras aber ist ungefähr vier Kilometer südöstlich von Innsbruck
an einem Ausläufer des Iselberges gelegen.

4 Das Hochschloss; es war mit Kranken und Verwundeten angefüllt.

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