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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Schlosser, Julius von: Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Trevisio
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0272
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Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Treviso.

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würdig; denkt man sich die alte reiche Bemalung hinzu, von der der moderne Restaurationsversuch
freilich nur ein unvollkommenes Bild gibt, so erhalten wir ein schönes Beispiel jener in Italien so weit
verbreiteten, echt südlichen Versammlungshallen für allerlei Gollegien, Bruderschaften oder Zünfte.
Schon der Name der Loggia deutet auf ihren Zweck hin; in der That lässt sich das Gebäude — und
die Form der Architektur widerspricht dem nicht —■ nach chronikalischen Nachrichten bis an das
Ende des XII. Jahrhunderts zurückverfolgen; als Scola militum, als Versammlungsort des späteren Col-
legio de' Nobili hat es bis in das XV. Jahrhundert hinein gedient. In dem Statut der Schola militum
von i3i3 (auf der Biblioteca communale) wird erwähnt, dass man die Häuser um die »logia militum«
niederzureissen beabsichtige, »et hoc, cum maxima pars pulcritudinis civitatis Tervisii constet
in illa«.1 Damals wusste man das Gebäude also noch zu schätzen; in unserer historisch gebildeten und
empfindenden Zeit entging es nur mit Mühe der Demolirung.

Den Untersuchungen Bailo's und Carlini's verdanken wir die genaue Kenntniss der merkwürdigen
alten Malereien, mit denen dieses ehrwürdige Denkmal höfischen Mittelalters geschmückt ist. Die
Loggia ist aussen und innen mit figürlichen Darstellungen und ornamentalen Zierstreifen bemalt; die

Fig. 2. Ausschiffung der Griechen. Wandmalerei im Inneren der Loggia de' Cavalieri.
(Nach einer Zeichnung von Carlini.)

letzteren, von denen Santalena in seiner Guida (p. 145) ein charakteristisches Beispiel abbildet, erinnern
oft auffallend an die Ornamentik der Miniaturen des XIII. Jahrhunderts (Fig. 1). Es ist nun interessant,
dass sich im Innern, an dem über den Bogenöffnungen sich hinziehenden Friese, zwei Schichten von
Malereien über einander befinden; die obere, theilweise abgebröckelt, lässt das darunter Liegende noch
recht wohl erkennen. Es sind Figuren der mittelalterlichen Bestiarien (?), al secco auf mattgelbem oder
grünem Frescogrund gemalt, dann Liebespaare und Grotesken, allem Anscheine nach dem XIII. Jahr-
hundert angehörig. Ganz ähnliche Darstellungen sind auch seinerzeit im Salone dei Trecento auf der
Piazza dei Signori zu Tage gekommen.2

Von weit grösserem Interesse sind die jüngeren Gemälde des Inneren, al fresco gemalt, von denen
leider ein grosser Theil im Jahre 1894 zu Grunde gegangen ist. Indessen ist noch, wenn auch theil-
weise nur mehr im Umriss, genug erhalten, um eine Vorstellung des Ganzen zu geben. Es sind Dar-
stellungen im Geiste des ritterlich-höfischen Epos; eine Einschiffung von Rittern und Reisigen, die
Schiffe auf der Fahrt, die Landung, der Marsch des Heeres, ein Schiffskampf gegen eine befestigte Stadt
sind in fortlaufender Erzählung hier vorgeführt (Fig. 2). Die darunter geschriebenen Namen 3 belehren
uns, welche Scenen wir vor uns haben: es ist der Kampf der Griechen um Troja, bekanntlich
einer der beliebtesten Stoffe des ritterlichen Epos, schon um 1160 von einem Dichter der Touraine,

1 Bailo, a. a. 0., Bullettino, p. 33.

2 Bailo, a. a. O., S. 27. — Santalena, Guida, p. 91.

3 Unter dem Bilderfriese sind ausserdem noch eine Reihe höchst seltsamer Gapricci des Malers zu erkennen, Köpfe,
Figuren etc.
 
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