Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

DOI issue:
Abhandlungen
DOI article:
Schlosser, Julius von: Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Trevisio
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0302
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Tommaso da Modena und die älteste Malerei in Treviso.

269

die symbolische Fahne Christi. Rechts und links von ihr erscheinen zwei charakteristische Gestalten
von mehr frauenhafter Bildung und Tracht, mit Kopfschleiern. Die eine Begleiterin zur Rechten
werden wir auf allen übrigen Bildern des Cyklus wiederfinden; sie ist durch ihre höchst individuelle,
ja, ich getraue mich zu sagen, porträthafte Bildung
sofort erkenntlich. Die zur Linken ist (nach dem
vierten Fresco) wohl als die Königin Gerasina von
Sicilien der Legenda aurea aufzufassen. Zu den
Füssen der Heiligen knieen zwei kleine Gestalten im
Zeitcostüme; es sind jedenfalls die uns leider nicht
mehr bekannten Stifter des Cyklus (Fig. 6).

Es folgt (2.) die Aussendung der Gesandten
durch den heidnischen König der Angelsachsen an
den christlichen britischen König Nothus oder
Maurus, wie ihn die Legende nennt. Er sitzt mit
übergeschlagenem Beine in der Ecke eines reichen
gothischen Baldachinthrones und reicht seinen Ge-
sandten das Missive, ihnen mit eindringlicher Geberde
ihre Instruction ertheilend. Der eine, in reichem Ge-
wände mit Hermelinkragen und zurückgeschlagener
Kapuze, kniet vor ihm und scheint mit charakteristi-
scher Gesticulation die einzelnen Punkte seines Auf-
trages an den Fingern zu recapituliren. Der zweite
Gesandte verbeugt sich in lebendiger Pose gegen
seinen Herrn, mit der Rechten sein Barett lüftend
und mit der Linken auf die hinter ihm befindliche
Gruppe des Gefolges weisend, aus dem zwei jugend-
liche Pagen, der vorderste einen Falken auf der Faust
tragend, durch die Anmuth ihrer Stellung und Ge-
wandung sofort ins Auge fallen. Neben ihnen stehen
gewappnete Reisige, diese — als Heiden — wie der
Reiter im Hintergrunde in bizarrer, orientalisirender
Rüstung.1 Der Grund dieser wie der übrigen Fresken
war blau; doch ist das Ultramarin bei der Ueber-
tragung abgefallen (Tafel XXVIII, 1).

3. Die angelsächsischen Gesandten, hinter ihnen
ihr Gefolge, überreichen knieend ihre Botschaft dem
Britenkönig, der, auf reichem Throngestühle sitzend,
mit gespanntem Ausdrucke in seinem prächtigen Cha-
rakterkopfe das Schreiben des heidnischen Herrschers
liest. Neben ihm sitzt, in schönem gemustertem Ge-
wände, die Königin Daria, eine anmuthreiche volle

Frauengestalt, die der hinzutretenden Tochter, der schon hier mit dem Nimbus begabten heil. Ursula,
einer lieblichen Mädchengestalt in langfliessendem Gewände,2 den Inhalt des Briefes mittheilt, worauf
die Jungfrau nach der Legende ihren von Gott inspirirten Vorsatz kundthut (Tafel XXX, 2).

Fig. 6. S. Ursula.

(Fresko aus Santa Margherita.)

1 Das ruft uns die Tafel des Tommaso »cum figuris diversarum nationum« im Besitze des Marino Falier (siehe oben)
ins Gedächtniss.

2 Die Musterung des Kleides der Heiligen, a secco aufgetragen und bei der Aufdeckung des Frescos noch vorhanden,
ist abgefallen.
 
Annotationen