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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0142
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i36

Heinrich Modern.

Es kam aber auch vor, dass die Ceremonien der Uebergabe auf Matutinen und Pontificalmesse
vertheilt wurden. Ich verweise auf die von Burchard (I, 23of.) ausführlich geschilderte Ceremonie aus
Anlass der Verleihung dieser Geschenke an Inigo Lopez Mendozza Graf von Tendella.1

Vollzog sich die Uebergabe nach der Pontificalmesse, so erfolgte dann regelmässig (eine Aus-
nahme machte der eben erwähnte Fall des Grafen von Tendella) die oft citirte, von Sixtus IV. ange-
ordnete Ansprache: »Solent Romani pontifices in praeclara Natalis Domini celebritate etc.«, in welcher
die religiöse und mystische Bedeutung der Ceremonie geschildert wird.

Burchard hat in seinem Diarium alle Schwert- und Hutweihen, die während seiner Amtsführung
in seiner Anwesenheit vorgenommen wurden, ausführlich beschrieben; sie sind unter den Daten des
24. und 25. December leicht zu finden. Einen Musterfall der Uebergabe nach der Messe, den er im
Diarium schildert, hat Burchard auch unter dem Titel »De traditione ensis et pilei« in das zweite von
ihm verfasste Buch des Ceremoniale des Patritius (fol. 84') aufgenommen. Er schildert die Uebergabe
durch Innocenz VIII. an Franz von Aragonien, den vierten Sohn Ferdinands I. von Neapel und
Sicilien, im Jahre 1485.

Bei der Uebergabe nach der Messe entfiel die Umgürtung des Schwertes, das Ziehen und Vibriren-
lassen sowie das Aufsetzen des Hutes. Wenn aber Lessing (a. a. O., S. 112) behauptet, »das lange
Schwert umgegürtet zu tragen wäre unmöglich, man könnte es allenfalls über die Achsel hängen, der
Hut wäre vom Besitzer ebensowenig aufgesetzt als das Schwert geführt worden«, und sich auf Berichte
aus dem XV. Jahrhundert (Burchard) beruft, so irrt er. Nicht nur das Ceremoniale schreibt ausdrück-
lich die Umgürtung des Schwertes und das Aufsetzen des Hutes vor2 sondern auch in den Schilde-
rungen Burchards wird häufig erwähnt, dass das Schwert umgegürtet, der Hut aufgesetzt wurde.3

Bei Bestellung eines Gonfalonier der römischen Kirche, bei welcher gleiche Hüte verliehen
wurden, erwähnt Burchard in zwei Fällen, dass die Gonfaloniere den Hut während der vorgeschrie-
benen Begleitung nach Hause auf dem Kopfe behielten.4

Wir wissen auch aus dem Berichte eines Augenzeugen, dass Kaiser Karl V. 1529 in Bologna das
Schwert umgegürtet trug; dieses, in der Armeria zu Madrid erhalten, misst ohne die verlorene Fassung
124 Cm., gehört also zu den grösseren Schwertern. Auch das Hängen über die Achsel ist durch das
Ceremoniel und den Wortlaut der Berichte ausgeschlossen.5 Im Uebrigen wird jeder Versuch die

Grassis, ed. Frati 24-/25. December 1506, p. 125: Der Papst ist weder bei den Matutinen noch bei den drei Messen anwesend,
er weiht das Schwert nach der zweiten Messe in einer kleinen Kapelle, das Schwert wurde nicht aus der Scheide gezogen,
nach der Weihe folgte die dritte Messe. »Ensis benedictus simpliciter et positive (nicht aufrecht) per unum mazzerium por-
tatus fuit ad ecclesiam, inter missam tentus fuit per unum mazzerium in cornu Epistolae, hoc disponente socio meo (der
andere Ceremonienmeister). Ego autem censerem absente papa non portari nec intra missam teneri.« Und
24-/25. December 1510, p. 222: »Audivi quod pontifex celebravit (missam) in sua camera parva et secreta et expresse noluit
me nec socium meum habere nec aliquos praesentes, forte quia voluit suo modo facere, et sie, ut audio, sedens et positive
celebravit et demum spatham benedixit, quam tarnen per ignorantiam suam permisit etiam ad missam majorem
adduci, quod non debuit.« Die Stelle ist für Grassi sehr bezeichnend. Diese habgierige Bedientenseele spricht so vom
gewaltigen Julius II.; es darf uns dann nicht Wunder nehmen, wenn er seinen gewissenhaften und exaeten Vorgänger, den
verhassten Deutschen, mit Unfläthigkeiten förmlich übergiesst. In einer Relation des venezianischen Orators Polo Capello
aus demselben Jahre heisst es: »E papa sapientissimo« (Ranke III, 232).

1 Das dem Grafen von Tendella i486 von Innocenz VIII. verliehene Schwert ist noch erhalten und befindet sich nach
Müntz im Besitze dieser Familie in Madrid.

2 Capitel: De matutinis noctis nativitatis Christi papa praesente im Liber II, fol. 76': Idem nobilis induitur superpellicio
et desuper ense precingitur ad latus sinistrum et pluviali albo induitur, cuius apertura super brachio ejus dextero sit,
et galerus praedictus ei in capite ponitur.

3 Vgl. z. B. I, 122, 1484: »et ensem desuper illum cinxi et capellum ex bireto (sie!) ei imposui« und p. 23o, i486:
»desuper ense cinetus capellum in capite tenens« etc. etc.

4 Ebenda III, 3l: »birretum illud confalerionatus continue gestans in capite (Cesare Borgia)« und I, 168: »et bireto
predicto in capite retento (Roberto de San Severino).« Ueber die Form des biretum gonfalonieri befindet sich Yriarte,
»Autour des Borgia«, in seiner Ikonographie Cesare Borgias in gewaltigem Irrthume. Die Barette auf den reproducirten
Bildern stellen den geweihten Hut eines Gonfaloniers nie und nirgends vor.

5 Die assistirenden Cardinaldiakone wollten Kaiser Friedrich III. nach Anlegung des Pluviale das Schwert umgürten.
Ueber das Pluviale das Schwert über die Achsel zu hängen, ist vollkommen unthunlich.
 
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