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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0036
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Zu Dürers Anbetung der Könige in den Ufhzien.

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Dafür nun scheint mir auch eine Zeichnung der Universitätsbibliothek in Erlangen zu sprechen,
die mich vor Jahren Friedrich Dörnhöffer freundschaftlichst kennen gelehrt und die mir nun Herr
Direktor Markus Zucker samt elf anderen Blättern der ihm unterstehenden Sammlung aufs liebens-
würdigste nach Wien zum Studium gesandt hat, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlich-
sten Dank ausspreche. Auf die Zeichnung, die 215 : 285 mm mißt und mit brauner Feder und grauem und
gelbem Pinsel ausgeführt ist, habe ich nicht versäumt, Glück, als er mir von der Idee seines Aufsatzes
erzählte, aufmerksam zu machen. Leider hat sich ihm aber keine Gelegenheit geboten, sie kennen zu
lernen. Das Blatt ist, wie ein Vergleich mit dem Gemälde in den Uffizien lehrt, eine sorgfältige Kopie dar-
nach, die bloß auf die Wiedergabe des überreichen Hintergrundes rechts verzichtet, sonst aber selbst die
beiden Schmetterlinge und den Sandläufer, oder was es ist, links und den Hirschkäfer rechts vorne
gewissenhaft festhält. Der heil. Josef nun findet sich, wie gesagt und aus dem hier beigegebenen Licht-
druck (Taf. VII) ersichtlich ist, auf der Erlanger Zeichnung nicht. Das ist insoferne von Belang,
als das Blatt seinem Stil nach jedenfalls dem XVI. Jahrhundert und wahrscheinlich dem Anfange von
dessen zweiter Hälfte angehört, da sich schon die
krause Formbehandlung allein als charakteristisches
Merkmal der Cranachschule zu erkennen gibt. Zu-
gunsten der Entstehung der Kopie in Sachsen und
daher noch vor dem Transport von Dürers Origi-
nal nach Prag läßt sich auch noch geltend machen,
daß derselbe Künstler auch nach den von altersher
in Dresden befindlichen, zuletzt von Heinrich Röt-
tinger Hans Wechtlin zugeschriebenen sieben Tafel-
bildern mit den Schmerzen Mariae auf ganz ähn-
liche Weise kopiert hat; diese Kopien, sechs an der
Zahl, sowie fünf weitere nach den jetzt verscholle-
nen, wohl zum selben Altar gehörigen und vom sel-
ben Maler herrührenden Freuden Mariae werden
gleichfalls in der Universitätsbibliothek zu Erlangen
aufbewahrt. (Vgl. über die elf Kopien nach Wecht-
lins [?] Schmerzen und Freuden Mariae H. Röttin-
gers Aufsatz über diesen Künstler im vorliegenden
Jahrbuch XXVII [1907], Anm. 1 auf S. 12 f. und

Fig. 12 und l3 auf denselben Seiten. Der aus inne- Federzeichnung in der Universitätsbibliothek zu Erlangen.

ren und äußeren Gründen zu jenen elf Zeichnungen

gehörigen Kopie nach Dürers Anbetung in Florenz tut Röttinger keine Erwähnung.) Zur Begründung
der Datierung und Lokalisierung der zwölf Erlanger Zeichnungen ist hier das männliche Porträt von der
Rückseite einer derselben, der Anbetung der Hirten, abgebildet, mag es nun Original oder Kopie sein.
Die Zusammengehörigkeit der elf Kopien nach den Bildern des Marienlebens mit der Kopie nach Dürers
Anbetung, die gemeinsame sächsische Provenienz des Dürerbildes und der sieben Schmerzen Mariae
in Dresden, die seit langem erkannte enge stilistische Verwandtschaft der Dresdener Tafeln mit den
Werken Dürers, all das möchte einen zu dem Gedanken verlocken, daß man es hier mit einem der
heil. Jungfrau geweihten Altar zu tun hat, dessen Hauptbild, eben die Anbetung der Könige, von Dürer
selbst gemalt ist, während die Flügelbilder von einem seiner Gesellen herrühren. Leider lassen sich mit
dieser schönen Hypothese die Maße nicht in Einklang bringen, denn Dürers Anbetung mißt zirka
98: 112, jede der sieben Dresdener Tafeln zirka 63 : 46 cm, Maße, die die Bilder wohl kaum zu einem
Flügelaltar vereinigen lassen.

Durch die Erlanger Kopie von Dürers Anbetung der Könige ist jedenfalls der heil. Josef im In-
ventar von 1619 als Fehler in der Beschreibung dargetan. Es fragt sich nun, ob ein solcher an und für
sich und besonders in einer alten Bilderbeschreibung ja gar nicht so ungewöhnlicher Lapsus nicht auch
 
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