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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0049
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Breu-Studien.

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der Eva des Nürnberger Bildes abgelesen sein. Dem Haarbüschel des langen Schnurrbartes auch noch im
Backenbarte seine Sonderexistenz zu belassen, wie es beim Gottvater der Tafel geschah, ist Gepflogenheit
Breus mindestens seit den kleinen Orgelflügeln (vgl. den Heiligen mit der Hand an den Augen vor dem
Baume auf dem rechten großen Orgelflügel, die Männer des Lucretiabildes, einige Krieger der Innenseite
des Ursulaaltares, den Adam des Meitingschen Epitaphs usw.). Technisch sind Bart und Locken Gott-
vaters und die Haare Adams genau so wie die Locken des Jünglings auf der Außenseite des linken kleinen
Orgelflügels behandelt. Das
Auge Gottvaters ist wie das
des heil. Georg auf dem Ur-
sulaaltare gebildet; die Züge
seines Antlitzes tragen die
beiden Krieger der Innen-
seite des rechten Flügels des
Ursulaaltares. Die Bildung
seiner rechten Hand kennen
wir von der Frankfurter Ta-
fel her. Für die Faltenzüge
seines Ornates ziehe man
etwa die Draperien an dem
Apostel rechts in der Ecke
oder an dem knienden Apo-
stel mit dem Gebetbuche im
Mittelgrunde des rechten gro-
ßen Orgelflügels heran. Die
eigentümliche Stimmung des
landschaftlichen Hintergrun-
des treffen wir allerdings ein
zweitesmal so nicht wieder,
wohl aber seine Formen,
den Berg wiederholt, die
kugeligen Bäumchen in der
Schlacht beiZama. DerBaum
des Vordergrundes hat sein
Gegenstück in dem Baum-
schlage auf der Innenseite
des linken Flügels des Ur-
sulaaltares. Auch hier finden
wir die Blätterbüschel, die
unmittelbar am Stamme auf-
zusitzen scheinen und ihn

wie Flaumfedern umhüllen, mit den unruhigen, stets büschelweise nach einer Richtung weisenden Lich-
tern, welche die äußersten Blätter der einzelnen Astchen andeuten.

Das Merkwürdigste an dem Bilde sind die Aktfiguren des Adam und der Eva. Sie sind
es, die dem Bilde den Vermerk vom italienischen Einflüsse verschafften. Seine ersten Spuren hatte
Giehlow in den 1515 entstandenen Randzeichnungen für das Gebetbuch des Kaisers Maximilian,
Dörnhöffer in den 1516 erschienenen Schnitten des Vartomanus nachgewiesen. In den kleinen Orgel-
flügeln zeigt sich Breu schon ganz unter dem Einflüsse der italienischen Kunst, der sich eben-
sosehr in den Renaissanceformen der Architektur als in der Freude an der Lösung perspektivi-
scher Probleme zeigt. In den Innsbrucker Tafeln war ihnen Breu noch ängstlich aus dem Wege ge-

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Fig. 6. Breu d. Ä.? Verkündigung.
Tafelgemälde in der Galerie Weber in Hamburg.
 
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